Porsches Weg an die Spitze (Bericht von 2018)
Kurze Einführung: Aus der Prototypen-Trophäe der Jahre 1965 bis 1967 wurde 1968 die Internationale Markenmeisterschaft, allerdings gab es gegenüber den Vorjahren eine Reglement-Änderung: „Prototypen“ waren nur noch mit Motoren bis 3 Liter Hubraum erlaubt, die Zeiten unbegrenzter Technik waren vorbei. Die Kategorie „Sportwagen“ durfte dagegen mit größeren Motoren (bis 5 Liter Hubraum) fahren, für die Einstufung als Sportwagen war aber eine Stückzahl von 50 Exemplaren Bedingung, was für den Ford GT 40 und den Lola T70 akzeptiert wurde. Porsche schöpfte nun mit seinem ab Mitte 1968 eingesetzten Typ 908 mit 3-Liter-Motor erstmals in seiner Renngeschichte das Hubraumlimit für Prototypen voll aus, verlor aber die WM knapp gegen das britische Gulf-Wyer-Team mit seinen Ford GT 40. 1969 setzte Porsche dann zum Frontalangriff auf den WM-Titel an, mit dem renovierten 908/02 Spyder und dem neuen Über-Porsche Typ 917, der im Mai die ab 1969 geforderte Sportwagen-Kleinserie von 25 Fahrzeugen erfüllte und sich zum Saisonende nach und nach der Rennreife annäherte. Der WM-Titel wurde souverän eingefahren, aber Le Mans erneut denkbar knapp gegen den Gulf Ford GT 40 verloren.
Die WM 1970 wurde dann eines jener spektakulären Championate, wie es vielleicht alle 10 Jahre vorkommt: Ferrari konterte Porsches 917-Coup mit seinem Fünfliter-Sportwagen vom Typ 512 S. Auch wenn die 917 zusammen mit dem neuen 908/03 Spyder die Ergebnistabellen dominierten und nun endlich auch den Sieg in Le Mans holten, waren die Rennen doch meist eng, spannend und z.T. pfeilschnell, Le Mans, Monza und Spa im Besonderen. Ähnlich verlief die Saison 1971, allerdings waren die nun privat eingesetzten Ferrari 512 M mit Ausnahmen nicht mehr auf der Höhe der 917, und mit dem Alfa Romeo 33/3 kam ein 3-Liter-Prototyp zu einigen schönen Erfolgen. Am Ende dieser Periode waren die großen 5-Liter-Sportwagen nochmals deutlich schneller als die unbegrenzten Boliden von 1966/67, so dass die Sportbehörde mit einer erneuten Beschränkung eingreifen musste: Ab 1972 waren nur noch Sportwagen mit maximal 3 Litern Hubraum erlaubt, und in der Folge verabschiedete sich das Porsche-Werk nach drei Titeln und zwei Le Mans-Siegen – vorübergehend – aus dem Wettbewerb um die Sportwagen-Krone.
Fazit: Nach den Jahren des Jahrhundert-Duells Ferrari gegen Ford (1965-1967) sah man Ende 1967 mit großer Skepsis der Reglementänderung für die kommenden Jahre entgegen, der die großartigen Prototypen von Ford, Ferrari und Chaparral zum Opfer fielen. Aber nach einem Übergangsjahr 1968 erreichte die Markenweltmeisterschaft insbesondere 1969 und 1970 einen neuen Höhepunkt, und der Rennkalender dieser Periode war mit mindestens zehn Rennen pro Saison, darunter viele mit beachtlichen Zuschauerzahlen, prall gefüllt.
Im Folgenden wird die Periode 1968-1971 Jahr für Jahr beschrieben, ergänzt um Abbildungen der wichtigen Fahrzeuge als Modelle in 1:43. Dazu gibt es Ergebnisübersichten der vier Jahre und Listen der aktuellen und früher produzierten 1:43-Modelle dieser Zeit.
Vor der Saison 1968: Reglementänderung durch die FIA
Die Verbannung der großen Prototypen durch die FIA-Sportbehörde CSI erfolgte relativ spät im Herbst 1967 vor dem Hintergrund der Leistungsexplosion der Sportwagen und traf die Protagonisten Ford, Ferrari und Chaparral unvorbereitet. Bei aller Kritik aus Dearborn und Maranello war die Entscheidung doch nachvollziehbar, wenn auch recht kurzfristig. In den Jahren 1962 bis 1967 waren die Rundenzeiten so dramatisch gesunken und die Geschwindigkeiten entsprechend gestiegen, dass die Sicherheit der traditionellen Endurance-Rennen, zumal auf den Highspeed-Kursen in Le Mans oder Spa, angesichts der nach heutigem Maßstab geradezu erschütternden Streckensicherungen nicht mehr gewährleistet war. Nur ein Beispiel: 1962 unterboten die schnellsten Prototypen in Le Mans im Training gerade knapp die 4-Minuten-Marke pro Runde, 1967 war man im Training bei 3:23 Minuten angelangt, und die Spitzengeschwindigkeit auf der Le Mans-Geraden stieg von 300 km/h auf fast 350 km/h beim Ford Mk IV – das alles ohne jegliche Leitplanken oder Auslaufzonen, mit ein paar einzelnen Strohballen an den Platanen Ausgangs Tertre Rouge und mit Fahrzeugen, die nach der schnellen Maison Blanche-Kurvenfolge ungebremst über die Start- und Zielgerade donnerten, ohne Trennung von Boxengasse und Fahrbahn, fast so wie 1955. Vom Ritt auf der Rasierklinge über den fürchterlich gefährlichen 14 km-Hochgeschwindigkeitskurs von Spa-Francorchamps (nicht zu verwechseln mit dem relativ sicheren Formel 1-Kurs der letzten 30 Jahre) will ich hier gar nicht sprechen – aus heutiger Sicht unvorstellbar!
Die Ironie des naiven Versuchs der FIA war allerdings, dass sie ihr Ziel mit dem Zugeständnis gegenüber den etablierten 5-Liter-Sportwagen Ford GT 40 oder Lola T70 schon nach einer Saison komplett verfehlte: Mit der Reduzierung der für die Einstufung als „Sportwagen“ erforderlichen Kleinserie auf 25 Fahrzeuge im Jahr 1969 traten zunächst Porsche (finanziell unterstützt von VW) und dann Ferrari (mit Finanzhilfe von Fiat) mit neuen „Sportwagen“ der 5-Liter-Klasse auf den Plan, die die Leistungsdaten eines Ford Mk IV oder eines Ferrari P4 der Saison 1967 deutlich in den Schatten stellten. Die Le Mans-Runde schaffte man nun trotz der 1968 installierten Ford-Schikane in knapp über 3:10 Minuten, bei einer Spitze der Langheck-Porsche 917 von über 370 km/h. Erneut wurde die Sportbehörde vom technischen Fortschritt überrollt, und zu dem Umstand, dass man rückblickend so positiv über den beeindruckenden Endurance-Motorsport in den Jahren bis 1971 berichten kann, gehörte damals eine gehörige Portion Glück, dass die Unfallstatistiken am Ende doch eher glimpflich ausfielen – auch im Vergleich zur damaligen Formel 1.
Jedenfalls hatten die Felder der Endurance-Rennen von 1968 nach diesem Reglementeinschnitt mit denen des Vorjahres nicht viel gemein: Die Werksteams von Ford (USA), Ferrari und Chaparral blieben der WM komplett fern, ihnen standen keine passenden Aggregate zur Verfügung. Ob Ford seine Rennbeteiligung 1968 überhaupt fortgesetzt hätte, ist ohnehin zweifelhaft. Man hatte mit gigantischem Aufwand zweimal in Le Mans gewonnen – letztlich das eigentliche Ziel der Mission. Mehr war eigentlich nicht zu beweisen, auch wenn man bei Ford – so ein Report in der Schweizer Motor Revue von 1967 – eine Weiterentwicklung des 7 Liter-V8 Motors mit über 600 PS in Petto hatte. Immerhin ließ man dem britischen Rennstall von John Wyer, der bereits 1967 mit dem aus dem GT40 entwickelten Mirage Ford Beachtung gefunden hatte, nun freie Hand, den vier Jahre alten GT40 mit Geldern des Sponsors Gulf Oil zu einem schlagkräftigen und nun endlich standfesten Sportwagen zu entwickeln. Gepaart mit einer vorzüglichen Teamorganisation und mit Klassepiloten (Ickx, Redman, Rodriguez) wurde das aus zwei (in Le Mans drei) Fahrzeugen bestehende Gulf Ford Team 1968 zu einem zunächst unterschätzten und dann ernsthaften Bewerber um die wichtigsten Trophäen, Le Mans und die WM.
1968 – Duell Porsche gegen Ford
Die Saison 1968 bestand aus zehn Rennen. Je fünf Siege holten sich Ford und Porsche, aber 17 der 30 Podiumsplätze gingen an Porsche (zwölf an den 907 und fünf an den neuen 908) und nur acht an Ford. Dass Zuffenhausen in der Endabrechnung nur Platz 2 hinter Ford belegte, lag am WM-Wertungsmodus: Es zählten nur die fünf besten Resultate, und beim Rennen in Zeltweg, das Porsche gewann, wurde aufgrund der geringeren Distanz nur die halbe Punktzahl vergeben. Damit hieß es am Ende 45 zu 42 für Ford (siehe unten: Ergebnisse für 1968). Die auf Ende September verlegten 24 Stunden von Le Mans (die Pariser Studentenunruhen ließen ein Rennen im Juni nicht zu) gewann Ford, während die anfangs überlegene Porsche-Armada der 908 Langhecks aufgrund technischer Probleme schwächelte.
Der 908, mit dem Porsche erstmals in seiner Endurance-Renngeschichte das erlaubte Hubraumlimit voll ausschöpfte, trat erstmals im April beim Le Mans Vortraining und in Monza an und feierte seinen ersten Sieg im Mai am Nürburgring, war aber im Verlauf der Saison noch nicht ganz ausgereift. Erfolgreicher waren die bereits in Le Mans 1967 vorgestellten 907 mit den kleineren 2,2 Liter-Motoren: Sie gewannen am Jahresanfang die Klassiker in Daytona und Sebring sowie die Targa Florio – letztere allerdings erst nach einer absoluten Weltklassefahrt von Vic Elford, der den einzigen noch aussichtsreichen 907 an zwei Alfa Romeo 33/2 vorbei zum Sieg führte.
Die Zeit, in der sich Porsche vom „Underdog“, vom Klassensieger (1,5 oder 2,0 Liter), zum Favoriten auf Gesamtsiege entwickelte – angefangen vom Typ 904 im Jahr 1964 über die Typen 906, 910, 907 und schließlich 908 – ist nicht zuletzt aus deutscher Sicht eine beeindruckende Geschichte, die natürlich in der Motorsport-Literatur und auch auf dieser Webseite bereits ausführlich dokumentiert ist (siehe Beitrag „Porsche 910 und 907“). Und sie war 1968 noch längst nicht abgeschlossen, denn in den Köpfen der Ingenieure und am Zeichenbrett entstand bereits die nächste Stufe dieser Modellreihe, der 917.
Fazit: Porsche schaffte wie Ford fünf Gesamtsiege, verlor aber das wichtigste Rennen in Le Mans und verpasste damit auch den WM-Titel. Andererseits holten mit Siffert und Elford zwei Fahrer aus der Porsche-Mannschaft zusammen mit Fords Nr. 1 Jacky Ickx jeweils drei Rennsiege, sie waren sicher die führenden Langstreckenpiloten der Saison. (Anmerkung: Sifferts kurzer Renneinsatz auf dem Daytona-Siegerwagen wurde hier nicht mitgezählt. Bemerkenswert ist außerdem, dass in dem in Le Mans siegreichen Ford eigentlich Ickx und Redman sitzen sollten. Beide waren allerdings durch vorangegangene Unfälle verletzt, so dass sie durch Rodriguez und Bianchi ersetzt wurden).
Gemessen an den Ergebnissen standen die übrigen Hersteller und Rennställe völlig im Schatten des Duells Porsche gegen Gulf Ford. Die weiteren privaten Ford GT40 oder die Lola T70 Sportwagen waren nicht (mehr) konkurrenzfähig, und die Neuentwicklungen in der Prototypenklasse waren 1968 z.T. noch in der Testphase. Der Lola T70 war wie der Ford GT40 eine mehrere Jahre alte Konstruktion. Er wurde 1965/66 als offener Gruppe 7-Sportwagen vor allem in amerikanischen Sprintrennen eingesetzt, 1966 gewann John Surtees mit einem T70 Mk2 die erste „CANAM“-Rennsaison (Kanadisch-amerikanische Rennserie). 1967 entwickelte Lola Chef Eric Broadley den T70 Mk3 für die FIA Prototypen-Kategorie, angetrieben von Chevrolet- oder von Aston Martin V8-Motoren. Erfolge blieben allerdings aus. 1968 fuhren die T70 als Sportwagen mit 5 Liter-Chevrolet Motoren.
Die neue 3-Liter-Prototypenklasse sollte eigentlich im Mittelpunkt der WM 1968 stehen, sie kam allerdings nur mühsam in Schwung – ausgenommen Porsche mit seinem schon nach wenigen Rennen siegreichen 908. Der neue britische Ford P68 F3L, eingesetzt von Alan Mann Racing, hatte als erster Prototyp überhaupt den 1967 vorgestellten Ford Cosworth DFV-Formel 1-Motor im Heck, der mit über 400 PS Leistung deutlich kräftiger war als Porsches neuer Achtzylinder. Die Coupés waren optische Leckerbissen, aber noch weit von Rennreife entfernt. Alpine startete mit Gordini-3 Liter-V8-Motoren in den Typen A211 und A220, die Motoren blieben aber unter der 300 PS-Marke, und die gute Aerodynamik der Coupés konnte dieses Leistungsdefizit gegenüber der Konkurrenz bei weitem nicht ausgleichen. Der zweite französische Konkurrent Matra zeigte ein überzeugenderes Konzept, konnte sein Potential aber erst im Herbst beim Rennen in Le Mans zeigen. Der MS 630, 1967 noch mit einem 2-Liter-BRM-V8 unterwegs, hatte nun den neu konstruierte 3 Liter-Matra V12 im Heck, der auch Matras Formel 1 Fahrzeuge antrieb und über knapp 400 PS verfügte.
Den besten Eindruck hinter Ford und Porsche hinterließen dagegen die von Carlo Chiti (Autodelta) eingesetzten Alfa Romeo 33/2, die allerdings mit 2,0 Liter-V8 Motoren (sowie einige Male mit 2,5 Liter-Maschinen) eine Klasse tiefer starteten und mehrere Gesamtwertungen der 2-Liter-Kategorie gewannen. Fast wäre Alfa sogar der Gesamtsieg bei der Targa Florio gelungen. Der 33/2 war leicht und gut motorisiert (260 PS in der 2-Liter-Version) und hatte in seinem zweiten Jahr 1968 auch die nötige Rennreife erreicht.
Internationale Markenmeisterschaft 1968 – Modelle in 1:43
1969 – Porsche am Ziel, aber noch fehlt der Le Mans-Sieg
„Weltmeister durch technischen K.O.“ war Helmut Zwickls Porsche-Saisonfazit in seinem Buch zum Rennsportjahr 1969 (es wurde 2018 neu aufgelegt).
Die Zahlen sprechen für sich: Porsche gewann sieben der zehn WM-Rennen, darunter waren sechs Erfolge des 908. 21 der 30 Podestplätze gingen an Zuffenhausen (18 an den 908) gegenüber je drei Plätzen für den Lola T70 und den Gulf Ford GT40 und zwei für den neuen Ferrari 312P. Das Fahrerteam des Jahres waren Siffert und Redman mit fünf gemeinsamen Erfolgen im Porsche 908 zwischen April und Juli. Siffert holte außerdem in Zeltweg zusammen mit Ahrens den ersten 917-Sieg.
Und doch lief für Porsche nicht alles nach Wunsch: In allen drei Marathon-Rennen, Daytona, Sebring und Le Mans, blieb man ohne Erfolg, in Le Mans war das bei der knappen Niederlage des 908 gegen den Gulf Ford GT40 natürlich besonders schmerzlich. Ein Teil der Erklärung für die drei Niederlagen, die vor allem durch technische Defekte zustande kamen, lag vermutlich in der extremen Belastung der Rennabteilung: Entwicklung des 908 für 1968 und des neuen 908/02 Spyder für 1969 und parallel die Vorgabe, den 917, eine völlige Neukonstruktion, auf die Beine zu stellen und der FIA im April 1969 die für die Sportwagen-Homologation erforderlichen 25 Exemplare zu präsentieren. Der Verwandlung des 917 in ein fahrbares Rennfahrzeug kam man dann im Verlauf der Saison nur in kleinen Schritten näher – Porsche musste seine Lektion beim 550 PS-Monster erst noch lernen. Vom Jahrhundert-Sportwagen war man im Herbst 1969 trotz des Siegs in Zeltweg noch weit entfernt.
So lag die Hauptlast auf dem neuen 908/02 Spyder: Eine FIA-Reglementänderung ermöglichte den Prototypen nun erstmals seit 1959 wieder den Verzicht auf eine ausgewachsene Frontscheibe, so dass die offene Variante nun gegenüber einem Coupé auf vielen Rennkursen im Vorteil war. Porsche fuhr daraufhin im Wesentlichen zweigleisig: Die Langheck-Coupés des 908 wurden auf den schnellen Kursen, in Le Mans, Monza und Spa, eingesetzt, der neue Spyder bei allen übrigen Rennen. Und wie schon in den Jahren zuvor, trat Porsche mindestens bis zum Rennen in Le Mans mit mehreren Neufahrzeugen und einer tollen Mischung internationaler Piloten an und konnte so in fünf Rennen das komplette Podium besetzen.
Eigentlich gab es über die Saison unter den Prototypen nur ein Fahrzeug, das mithalten konnte: Der neue Ferrari 312P. Nur das schnellste Porsche-Team mit Siffert und Redman konnte ihn in Schach halten, sofern er nicht durch technische Mängel oder Unfälle eingebremst wurde. Der Ferrari übernahm den Antriebsstrang aus dem Formel 1, Chassis und Karosserie stammten vom 612 Gruppe 7-Sportwagen aus der CANAM-Serie. Im Vergleich zum Porsche 908 stand eine deutlich höhere Motorleistung an (ca. 420 PS gegenüber ca. 370 PS beim 908). Der 312P war relativ groß und schwerer als der 908, die Renneinsätze waren sporadisch und viel weniger konsequent, und eine Weiterentwicklung über die Saison fand nicht statt. So blieb es bei nur zwei Podiumsplätzen ohne Gesamtsieg, und die Rolle des nach dem 908 erfolgreichsten Sportwagens fiel noch einmal dem bewährten Gulf Ford GT40 des Wyer-Teams zu, dessen Grundkonzept bereits ins sechste Jahr ging. Dennoch konnten Ickx und Oliver die beiden Klassiker Sebring und Le Mans für sich entscheiden. Ein weiterer Sieg ging an den Lola Chevrolet T70 Mk3b des Roger Penske-Teams, der überraschend in Daytona gewann – der größte WM-Erfolg eines T70. Ein weiterer GT40, der einige schöne Ehrenplätze belegen konnte, wurde von Reinhold Jöst eingesetzt und von ihm und Helmut Kelleners pilotiert – es war das erste Auftreten von Joest Racing in der Endurance Szene.
Matras Le Mans Premiere im Herbst 1968 versprach viel für die Saison 1969, aber die Franzosen taten sich schwer: Haarsträubende Unfälle bei Testfahrten und die Unentschlossenheit bei der Entscheidung für eine offene oder eine Coupé-Version behinderten die Entwicklung. In Le Mans trat man dann doch mit einem vollen Team aus vier Fahrzeugen an, mit drei unterschiedlichen Typen: Ein MS 630 Coupé entsprach etwa der 1968er Version, zwei Wagen (MS 630/650) waren auf offene Fahrzeuge umgebaute MS 630, und ein offener MS 650 war ein echter 1969er Neubau. Das Le Mans-Ergebnis war durchaus zufriedenstellend (Plätze 4, 5 und 7), aber ansonsten blieb die Saisonbilanz hinter den Erwartungen zurück.
Neue 3 Liter-Prototypen entstanden im John Wyer-Rennstall und bei Alfa Romeo: Der Mirage M2 mit BRM-V12-Aggregat sollte den Ford GT40 ablösen, als Coupé kam er aber ein Jahr zu spät, 1969 waren die offenen Prototypen im Vorteil. Erst nach Le Mans entfernte man das Dach und ersetzte den schweren V12 durch den stärkeren und leichteren Ford Cosworth V8. Dieser „M3“ war ein großer Schritt nach vorn, aber John Wyers Engagement für Porsche in der neuen Saison 1970 führte zum Ende des Mirage-Programms.
Der neue 3-Liter-Alfa Romeo 33/3 gehörte ebenso wie der Alan Mann Ford P69, eine offene Version des P68 Coupés von 1968, zu den Flops der Saison – beiden fehlte bei ihren ersten Auftritten in Sebring (Alfa) und Brands Hatch (Ford) die Rennreife dermaßen, dass das Ford-Projekt komplett eingestellt wurde und Alfa erst zum Saisonende mit einem stark überarbeiteten Modell zurückkehrte.
Am Ende der Saison war mit Blick auf 1970 bereits klar, dass Porsche seinen 917 dem hoch kompetenten John Wyer-Team anvertraut und Ferrari mit seinem 5-Liter-Sportwagen 512S dagegen hält. Ein großes Duell war also programmiert, sofern beide Fahrzeuge die nötige Rennreife erreichen würden. Die 3-Liter-Prototypenklasse, die – so die Idee der CSI – eigentlich den Kern der WM bilden sollte, rückte damit deutlich in den Hintergrund.
Internationale Markenmeisterschaft 1969 – Modelle in 1:43
1970 – Porsche 917: Die Saat geht auf, Porsche gewinnt endlich in Le Mans
Alle Zweifel am Erfolg des Super-Porsche, der 1969 nur mühsam von einem unberechenbaren Monster in Richtung eines halbwegs fahrbaren Rennfahrzeugs bewegt werden konnte, wurden mit der Rennpremiere des im Winter gründlich renovierten 917 in Daytona beseitigt: Problemlos und überlegen gewann der Gulf 917 des John Wyer-Teams mit Rodriguez und Kinnunen den Saisonauftakt und das erste Duell mit Ferraris neuem 512S – die „Hochzeitsnacht“ der Porsche-Wyer-Ehe war geglückt. Daran konnte auch die folgende Niederlage in Sebring nichts ändern, die sich Porsche/Wyer durch technische Fehlentscheidungen selbst zuzuschreiben hatten. Der 917 war fast über die gesamte Saison gegenüber dem Ferrari das schnellere Fahrzeug. Der Ferrari hatte zwar etwas mehr Leistung und war – anders als der 917 – aus dem Stand rennfertig und relativ zuverlässig, aber er war über 100 kg schwerer und hatte die ungünstigere Aerodynamik.
Am Einsatz der beiden Kontrahenten waren verschiedene Rennteams beteiligt. Porsche baute nicht nur auf das Gulf Wyer-Team, sondern auch auf den Quasi-Werksrennstall „Porsche Salzburg“ (sehr zu John Wyers Verdruss), Ferrari setzte ein echtes Werksteam ein, und zusätzlich waren noch weitere Privatteams mit 917- und 512S-Sportwagen am Start.
Porsche konnte also auf zwei professionelle Teams zurückgreifen und sich voll auf die Sportwagen-WM konzentrieren, während Ferrari parallel mit seinem Formel 1-Einsatz beschäftigt war. Ein weiterer Vorteil der Stuttgarter bestand in der Möglichkeit, den kleineren 908 auf besonders kurvigen Kursen einzusetzen: Der dafür aus dem 909 Bergspyder entwickelte 908/03 war ein extrem leichter „Targa Florio Special“, er war in Sizilien und überraschend auch am Nürburgring deutlich schneller als der 917 und damit dort auch dem Ferrari 512S überlegen.
So fiel die Saisonbilanz deutlich für Porsche aus: Neun Siege in den zehn WM-Rennen, darunter sieben Erfolge des 917, nur ein Sieg für Ferrari. Das Gulf Wyer Team holte dabei sechs Siege durch den 917 und einen durch den 908/03, Porsche Salzburg war einmal mit dem 908/03 erfolgreich, und einmal mit dem 917 in Le Mans – endlich, Porsches wichtigster Sieg des Jahres. Auch bei den Podiumsplätzen ist das Bild eindeutig: 20 der 30 Plätze gingen an Porsche (13 an den 917, vier an den 908/03) und acht an Ferrari. Für alle übrigen Marken blieben gerade einmal zwei Podiumsplätze übrig (Alfa Romeo). Die erfolgreichsten Piloten stammten aus dem Wyer-Rennstall: Rodriguez/Kinnunen holten sich vier Siege, Siffert/Redman drei. Hinter dieser nüchternen Bilanz verbarg sich ein z.T. erbittert geführtes Duell der beiden „A-Fahrer“ Rodriguez und Siffert um die Position 1 im Wyer-Team. Bei Ferrari war dagegen über die Saison gesehen Jacky Ickx die Nummer 1.
Als im Juni eine Armada von elf Ferrari 512S und acht Porsche 917 zum Saisonhöhepunkt in Le Mans antrat, war die WM bereits zugunsten von Porsche entschieden. In Le Mans waren die Ferrari den Porsche 917 durchaus ebenbürtig, Spannung war also angesagt. Allerdings fand das Rennen– wie im legendären Film von Steve McQueen – bei Dauerregen statt: Witterungsbedingte Unfälle und technische Gebrechen führten zu einem Kahlschlag unter den 5-Liter-Boliden, das Rennen war dadurch weitaus weniger spannend als der McQueen-Film. Am Ende kamen je zwei Porsche 917 und zwei Ferrari 512S über die Runden, und überhaupt erreichten nur sieben (!) Fahrzeuge das Ziel in Wertung. Der 917 Kurzheck, gemeldet von Porsche Salzburg, der schließlich den ersten Le Mans-Sieg für Zuffenhausen einfuhr, war eigentlich der langsamste 917 im Feld, aber die Langstrecken-Spezialisten Herrmann und Attwood fuhren taktisch klug und umsichtig und kamen so unversehrt über die 24 Stunden und zum verdienten Sieg – insbesondere Hans Herrmann gönnten alle den Erfolg nach der unglücklichen Niederlage von 1969.
In der 3-Liter-Prototypenklasse waren neben den zweimal siegreichen Porsche 908/03 die beiden Werksteams von Matra und Alfa Romeo am Start. Sie führten angesichts der zahlreichen 5-Liter-Sportwagen aber nur ein Schattendasein, zumal auf den Power-Rennkursen in Monza und Spa, obwohl sie mit hochkarätigen Formel 1-Piloten am Start waren. Matra setzte den 650 des Vorjahres zusammen mit dem neuen 660 ein, Alfa Romeo versuchte – halbwegs erfolgreich – den 1969 vorgestellten 33/3 zur Rennreife zu bringen.
Der letzte WM-Lauf der Saison in Zeltweg war ein Schaufenster für die kommende Saison – da war bereits bekannt, dass es das letzte Jahr für die 5-Liter-Sportwagen sein würde. Dennoch präsentierte Ferrari seinen „modifizierten“ 512, der auf Anhieb schneller als die 917-Konkurrenz war und später im Jahr das Rennen in Kyalami (kein WM-Lauf) gewinnen sollte. Sein Einsatz war 1971 aber nur für Privatteams vorgesehen. Und Alfa Romeo zeigte die nächste Entwicklungsstufe seines 33/3 mit einer viel versprechenden Performance – fast hätte er das Rennen in Zeltweg gewonnen.
Internationale Markenmeisterschaft 1970 – Modelle in 1:43
1971 – Der 917 behauptet sich noch einmal gegen die neue Prototypen-Generation
Schon in der Saison 1970 war bekannt, dass die 5-Liter-Sportwagen Ende 1971 Auslaufmodelle sein würden und die bisherigen 3-Liter-Prototypen 1972 um den Titel fahren. Entsprechend verfolgte man im Verlauf des Jahres 1971 mit Spannung, wie sich Matra, Alfa Romeo und der neue 3 Liter-Ferrari über die Saison schlagen würden. Bei Porsche war dagegen der Ausstieg aus der Sportwagen-WM beschlossen: Der 908/03 wurde durch das angekündigte neue Reglement, das nun ein Mindestgewicht von 650 kg vorschrieb, seiner wichtigsten Trumpfkarte beraubt – der 908/03 brachte 1971 nur 550 kg auf die Waage. In Zuffenhausen fiel die Entscheidung gegen die WM und zugunsten des Einstiegs in die CANAM-Rennserie auf Basis des 917. Nicht zuletzt dadurch wurde am 917 über die Saison noch weitere Entwicklungsarbeit geleistet, während Ferrari seinen zum Saisonende 1970 vorgestellten 512M nur für den Einsatz durch Privatteams vorsah und 1971 voll auf die Entwicklung des neuen 312PB mit dem bereits im Formel 1 eingesetzten 1800 V12 Motor setzte.
Ein tragischer Unfall beim Eröffnungsrennen in Buenos Aires hatte nicht nur den Tod des Ferrari-Spitzenpiloten Ignazio Giunti zur Folge – des größten Fahrtalents Italiens seit Lorenzo Bandini – der Totalausfall der beiden völlig zerstörten Unfallfahrzeuge 312PB und Matra 660 beeinträchtigte auch das Entwicklungsprogramm in Maranello und vor allen bei Matra: Erst beim Heimrennen in Le Mans kamen die Franzosen wieder aus der Versenkung und traten mit einem einzigen Fahrzeug an – ein verlorenes Jahr. Und auch der Einsatz des Ferrari 312PB lief 1971 eher auf Sparflamme – mit einem einzigen Fahrzeug, das meist mit technischen Problemen ausfiel, aber immerhin sein Potential andeutete. Der Ferrari war eindeutig der schnellste 3-Liter-Prototyp.
Alfa Romeo ging das Jahr dagegen etwas konservativer an: Der neueste 33/3 war über die gesamte Saison schnell und zuverlässig, trat in vielen Rennen mit einem starken Team an und holte sich drei Gesamtsiege und damit den 2. Platz in der Jahreswertung hinter Porsche.
Bei den großen Sportwagen schlug das Pendel nochmals stärker in Richtung Porsche aus: Der 917 wurde 1971 wieder vom Gulf Wyer Team sowie vom Martini Racing Team (und von weiteren Privatteams) eingesetzt und gewann sieben der elf WM-Rennen (fünf Siege für Wyer und zwei für Martini, darunter Le Mans). Einen WM-Sieg holte sich der 908/03 am Nürburgring. Insgesamt war die Jahresbilanz eindeutig: 17 von 33 Podiumsplätzen für Porsche und elf für Alfa Romeo. Erfolgreichster Pilot war Pedro Rodriguez aus dem Gulf Wyer Team mit vier Siegen, darunter drei zusammen mit Jacky Oliver.
Ferrari erreichte mit den privat eingesetzten 512M (und den Vorjahres-512S) lediglich vier Podiumsplätze. Konkurrenzfähig war dabei nur der von Penske (USA) eingesetzte Sunoco-512M, der allerdings nur bei vier Rennen am Start und meistens vom Pech verfolgt war – zählbare Resultate blieben jedenfalls aus.
Beim Saisonhöhepunkt in Le Mans drehte sich alles um Porsche: Man stellte zwei Drittel aller Fahrzeuge des Starterfelds, und sieben 917 fuhren um den Sieg, darunter drei Gulf Wyer- und drei Martini Porsche. Ein Rennen der Rekorde: Die Spitzengeschwindigkeit der erneut optimierten „Langhecks“ – über 380 km/h auf der damals noch durchgängigen Hunaudieres-Geraden – kam erst Ende der 1980er Jahre in Gefahr, und der Distanzrekord des siegreichen 917 Kurzheck des Martini Teams wie auch die schnellsten Runden in Training und Rennen wurden erst in den letzten Jahren wieder erreicht, allerdings bei deutlich verändertem Streckenverlauf.
Die letzte Saison der großen 5-Liter-Boliden endete wie sie begann, tragisch: Die beiden Endurance-Stars des Gulf Wyer Teams, Pedro Rodriguez und Jo Siffert, kamen bei Rennen außerhalb der Sportwagen-WM bei zwei damals so berüchtigten Feuerunfällen uns Leben – Rodriguez im Ferrari 512M am Norisring und Siffert im BRM-Formel 1 in Brands Hatch, bei einem Rennen, das nachträglich als Ersatz für den Großen Preis von Mexiko in den Kalender aufgenommen wurde: Der Mexiko-Grand Prix wurde in Folge des tödlichen Unfalls von Rodriguez abgesagt…
Internationale Markenmeisterschaft 1971 – Modelle in 1:43
Modelle in 1:43
Zum Modellangebot in 1:43 können hier vier Tabellen (siehe unten) für die Jahre 1968 bis 1971 aufgerufen werden. Für jedes Jahr werden dort die wichtigsten Fahrzeuge ausgewählt und die Modellhersteller genannt, unterteilt in Bausätze bzw. Kleinserien-Fertigmodelle und Diecasts bzw. Resincast-Modelle. Wie bei der vorangegangenen Periode 1965-1967 gibt es auch für die Zeit 1968-1971 ein dichtes Modellangebot, angefangen mit Diecasts (z.B. Solido) und Bausätzen (z.B. John Day, Mini Racing) aus den 1970er Jahren bis zu den modernen Resincast-Modellen. Die Auswahl ist groß und Lücken sind praktisch nicht vorhanden, vielleicht mit Ausnahme der Mirage M2 und M3 von 1969, von denen es bisher noch keine Diecast- oder Resincast-Modelle akzeptabler Qualität gab.
Quellen:
Siehe Rubrik „Über diese Seite“ → „Anmerkungen zu Minerva Endurance“
Neben Internet-Recherchen wurden folgende Bücher besonders genutzt: Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1960-1969, Haynes Publishing, 2008 / Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1960-1969, Volume 2, Behemoth Publ., Wincanton (UK) 2016 / Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1970-1979, Haynes Publishing, 2009 / Antony Pritchard, Directory of Classic Prototypes and Grand Touring Cars, Aston Publications, 1987.
Für die Ergebnislisten wurden insbesondere die Webseiten „racingsportscars“ und „wsrp.cz“ herangezogen.