Bericht von 2013
Anfang der 1980er Jahre wurden für die Sportwagen-Weltmeisterschaft und die amerikanische IMSA-Serie neue Reglements angekündigt. Die FISA setzte ab 1982 zur Langstrecken-Markenweltmeisterschaft der neuen „Gruppe C“ auf eine Verbrauchsformel bei weitgehender Gestaltungsfreiheit der Antriebstechnik, während die International Motor Sports Association (IMSA) ein davon abweichendes Regelwerk für die neue Kategorie „GTP“ (Grand Touring Prototypes) entwickelte, bei dem nicht der Spritverbrauch als wichtigstes Kriterium herangezogen wurde, sondern eine Kombination aus Hubraum, Motorcharakteristik (Saugmotor, Turbo, 2- oder 4-Ventil-Technik) und Fahrzeuggewicht, wobei teure Renntechnik eher bestraft und kostengünstige Technik aus der Serie eher belohnt wurde. Die bis 1981 gültigen Kategorien, die Gruppe 5 im Hoheitsbereich der FISA und die GTX-Klasse in der IMSA-Serie, lagen noch sehr dicht beieinander, die Gruppe C und die GTP-Klasse folgten dagegen recht unterschiedlichen Zielsetzungen.
So kam es, dass einige Neuentwicklungen der Jahre 1981-1983 ausschließlich in der Gruppe C eingesetzt wurden, so z.B. der Ford C100, der Rondeau, der Sauber C6, der Lancia LC2 oder der Porsche 956. Andere wiederum starteten nur in der IMSA-Kategorie, etwa der Jaguar XJR5, der Ford Mustang GTP, die Corvette GTP oder ab 1984 der Porsche 962 IMSA. Es gab aber auch Hersteller, die den Spagat zwischen den beiden Reglements mit flexiblen Konstruktionen so gestalteten, dass die Fahrzeuge mit geringen Änderungen sowohl Gruppe C- als auch GTP-tauglich waren. Dazu gehörten die beiden britischen Traditions-Rennschmieden Lola (mit dem T600) und March mit den Modellen 82G bis 85G, um die es hier gehen soll. In den späten 1980er Jahren kamen sich dann die Gruppe C und die GTP-Kategorie wieder näher, so dass z.B. Porsche mit dem 962C oder Jaguar mit dem XJR9 in beiden Rennserien an den Start gehen konnten.
Die im englischen Bicester konstruierten March Prototypen wurden 1981 auf Kiel gelegt und sowohl in der Gruppe C als auch in der GTP-Klasse der IMSA-Serie eingesetzt. Allerdings hinterließen sie in der Gruppe C-Weltmeisterschaft oder in Le Mans kaum nachhaltige Eindrücke, während die March 82G, 83G und 84G in der IMSA-Serie sehr erfolgreich waren: 1983/84 waren sie legitime Nachfolger der bis dahin dominierenden Porsche 935 diverser US-Teams und des Lola T600, der in der Saison 1981 viele Erfolge einfuhr, bevor dann ab Mitte 1984 der auf das GTP-Reglement abgestimmte Porsche 962 IMSA zusammen mit dem Jaguar XJR des Teams „Group44“ das Kommando übernahm. Von den Typen 82G bis 85G wurden in den Jahren 1982-1985 insgesamt 26 Fahrzeuge gebaut. Der 1986 folgende March 86G und die weiteren Nachfolger waren dann grundlegend neue Konstruktionen, sie stehen daher nicht im Fokus dieses Berichts.
March 82G: Die erste Rennsaison 1982
Der March GTP entstand 1981 unter der Leitung von Robin Herd und seinem Team im March-Werk in Bicester, zu dem u.a. ein junger Renningenieur namens Adrian Newey gehörte – später in der Formel 1 über viele Jahre eine bekannte Größe. Die aerodynamische Entwicklung, ganz im Zeichen des damals aus der Formel 1 (Lotus) in die Sportwagenszene importierten „Ground Effect“-Konzepts, lag bei Max Sardou, u.a. Schöpfer des Porsche 917-20 („Sau Bertha“ alias „Trüffeljäger“). Auf ihn geht die Gestaltung der Frontpartie des March GTP zurück, ein Markenzeichen des Fahrzeugs, das an zwei Hummerscheren erinnert – was 1983 vom „Red Lobster“-Team als Motiv für die Gestaltung ihres 82G und 83G aufgegriffen wurde: Passende Werbung für die amerikanische Restaurantkette. Zum Lastenheft des March gehörte die Option, verschiedene Motor-/Getriebeeinheiten aufnehmen zu können – in der Tat wurden die March in den Jahren 1982-1985 von Chevrolet V8, Buick V6 Turbo, BMW 6-Zylinder (M1) und 4-Zylinder Turbo, Porsche 6-Zylinder Turbo sowie Nissan 4- und 6-Zylinder Turbo angetrieben. Die häufigste Antriebsquelle stellte der Chevrolet mit knapp 6 Litern Hubraum dar, sehr erfolgreich war der March aber auch mit dem Motor des Porsche 935. Abgesehen vom innovativen Aerodynamik-Konzept, dem erst der Porsche 956 Mitte 1982 Paroli bieten konnte, war die March-Konstruktion eher konservativ, und die Einsatzfahrzeuge litten über die Jahre stets an ihrem zu hohen Gewicht (900 kg und mehr), zumal mit den Heavy-Metal-Chevrolet-Motoren, und an den Design-Kompromissen, die durch die Aufnahme verschiedener Motoren erforderlich waren.
Im Herbst 1981 wurde der March 82G der Öffentlichkeit vorgestellt, zum Jahresende ging das erste Fahrzeug mit Chevrolet-Motor an Bob Garretson Racing. Zwei weitere 82G erhielten Cowart und Miller (Red Lobster Racing, mit einem BMW 6-Zylindermotor aus dem M1) und Gianpiero Moretti (Momo Racing), ein weiterer verblieb zunächst im March-Werk. Das Renndebut in Sebring im März 1982 war vielversprechend: Der Garretson-82G war Trainingsschnellster und verpasste mit nur einer Runde Rückstand den Gesamtsieg denkbar knapp. Weitere vier Podiumsplätze folgten 1982 in der IMSA-Serie, der Le Mans-Einsatz zweier 82G, hier in Gruppe C-Konfiguration (Garretson und March-Werkswagen), blieb allerdings ohne zählbaren Erfolg.
1983: March 82G und 83G dominieren die IMSA-Serie
1983 liefen fünf weitere March vom Stapel, nun unter dem Label „83G“. Drei Fahrzeuge gingen an Al Holbert, eines davon wurde allerdings schon bald an ein anderes Team verkauft. Holbert bestritt die IMSA-Serie zunächst mit dem 83G Nr. 3, angetrieben vom Chevrolet V8, später mit dem 83G Nr. 4, der mit der Motor-/Getriebeeinheit des Porsche 935 bestückt war. Weitere Fahrzeuge gingen an US-Privatteams, darüber hinaus wechselten die vorhandenen 82G und 83G von Saison zu Saison und auch innerhalb eines Jahres nicht selten den Besitzer. Einen fünften 83G erhielt Hoshino Racing. Dieser wurde mit einem Nissan 4-Zylinder-Turbomotor in Japan eingesetzt und erzielte u.a. einen guten 7. Platz beim WM-Lauf in Fuji, er fuhr in Japan auch unter dem Namen „Nissan Silvia“. Über die gesamte IMSA-Rennsaison waren die March die dominierenden Fahrzeuge, insbesondere der 83G Nr. 4 mit dem Porsche-Motor in Händen von Al Holbert. Damit konnte er die GTP-Wertung klar für sich entscheiden und seinem Le Mans-Sieg 1983 (mit dem Werks-Porsche 956) eine weitere Trophäe hinzufügen. Insgesamt erzielten die March 82G und 83G in der Saison 15 IMSA-Podiumsplätze, darunter 7 Siege. Beim 24 Stundenrennen von Daytona kam ein 83G (Motorsport Marketing) zudem auf Platz 2 hinter einem Porsche 935, der March bewies damit auch Endurance-Qualitäten.
1984: Daytona-Sieg und erneute IMSA-Meisterschaft
Sechs neue March 84G wurden 1984 von verschiedenen Privatteams eingesetzt, zusammen mit einigen Vorjahreswagen bildeten sie ein zahlenmäßig starkes Kontingent in der IMSA-Serie des Jahres. Trotzdem stellt 1984 einen Wendepunkt in der Renngeschichte der March GTP dar, beginnend mit dem größten Endurance-Erfolg zu Jahresbeginn in Daytona und endend mit der Dominanz der neuen Porsche 962 IMSA in Händen diverser US-Teams. Zum Saisonstart in Daytona feierte der Porsche 962 IMSA sein Renndebut, aber das Rennen gewann – für viele überraschend – der von einem Porsche-Motor angetriebene March 83G des südafrikanischen DJ Racing Teams, finanziert von Kreepy Krauly, einem Hersteller von Swimmingpool-Reinigungsmaschinen. Das Team kaufte den im Vorjahr erfolgreichen 83G Nr. 4 von Holbert Racing, passte ihn der neuen 84G-Spezifikation an und gewann das wichtigste IMSA-Rennen des Jahres.
In den ersten Monaten der Saison waren der 83G und der 84G des Blue Thunder Teams von Randy Lanier, angetrieben vom bewährten Chevrolet V8, am erfolgreichsten, die neuen Porsche 962 brauchten da noch etwas Anlaufzeit. Die 21 IMSA-Podiumsplätze und 12 Gesamtsiege der March-Fahrzeuge fielen denn auch vor allem in die erste Saisonhälfte des Jahres. Sie reichten aus, Randy Lanier zum IMSA-Champion und March zur erfolgreichsten Konstruktion des Jahres zu küren.
1985: Vom Porsche 962 in die zweite Reihe verdrängt
Vom neuen 85G wurden 1985 nicht weniger als acht Fahrzeuge für die IMSA-Serie produziert und mit Chevrolet-, Buick- oder Porsche-Motoren eingesetzt. Trotzdem war die Ausbeute ernüchternd, es gab keinen Gesamtsieg und nur zwei Podiumsplätze. Mehrere Porsche 962 IMSA verschiedener US-Teams dominierten nun zusammen mit dem Jaguar XJR5 von Bob Tullius (Group44 Racing) das Geschehen. Drei weitere 85G gingen mit Nissan-Motoren ausgerüstet nach Japan, darunter der 85G Nr. 8 an das Team Hoshino. Der Japaner gewann damit den Sportwagen-WM-Lauf in Fuji, der allerdings aufgrund extremer Regenfälle auf zwei Stunden verkürzt wurde und ohne die meisten europäischen Top-Fahrzeuge zu Ende ging, die kurz nach dem Start in ihren Boxen verschwanden. Dieses Fahrzeug wurde danach von Nissan Motorsports übernommen und als „Nissan R85V“ in Le Mans 1986 eingesetzt. Der 85G Nr. 8 bildete damit die Grundlage für die Kooperation zwischen March und Nissan in den Jahren bis 1988.
1985-1988: Kooperation mit Nissan und BMW
Die 1985 begonnene Kooperation zwischen March und Nissan wurde 1986 mit vier neuen 86G fortgesetzt, weitere sechs 86G wurden in einer Zusammenarbeit mit BMW North America mit BMW-Motoren ausgerüstet (4-Zylinder, Turbo). Die nachfolgenden March-Konstruktionen 87G und 88G gingen 1987 und 1988 ebenfalls nach Japan und fuhren unter dem Label Nissan, 1989 begannen die Japaner dann eine neue Kooperation mit Lola. Die 86G und die nachfolgenden Modelle unterscheiden sich allerdings von den March-Modellen der ersten vier Jahre, die alle auf den 82G von 1982 zurückzuführen sind.
Und in Le Mans? Einzelne March Sportwagen nahmen am 24 Stundenrennen der Jahre 1982, 1984, 1985 und 1986 teil, fielen aber meist aus. Die beste Platzierung erreichte der 86G von Richard Cleare Racing mit Rang 14 im Jahr 1986, angetrieben von einem Porsche Turbo-Motor.
Weitere Informationen zu den March-Fahrzeugen, den Erfolgen in der IMSA-Serie und den Starts in Le Mans sowie zu den die hier genutzten Informationsquellen sind den beiden Tabellen zu entnehmen, die hier aufgerufen werden können:
Tabelle A (March-Fahrzeuge und Renneinsätze 1982-1985, Modelle in 1:43, Stand 2013)
Tabelle B (March-Podiumsplätze in der IMSA-Serie 1982-1985)
March 82G-85G in 1:43: Bausätze, Kleinserien-Fertigmodelle und aktuelle Resincast-Modelle
Die ersten 1:43-Modelle des March wurden Mitte der 1980er Jahre als Metall-Bausätze von André Marie Ruf produziert und gingen als „AMR“- und „BAM-X“-Modelle in den Handel (BAM = Boutique Auto Moto, ein Modellfachgeschäft im Zentrum von Paris). Insbesondere der March „Red Lobster“ von AMR ist heute ein gesuchtes Antiquariat, einerseits aufgrund seiner originellen Optik, andererseits, weil die AMR- und BAM-X-Bausätze in den 1980ern Maßstäbe setzten und ihrer Konkurrenz weit voraus waren. AMR-Fertigmodelle, zumal „factory built“ by A. M. Ruf, waren schon damals immens teuer. Als nächster Hersteller erschien Starter mit Resine-Bausätzen des 83G von Al Holbert (IMSA-Sieger 1983) und des Kreepy Krauly-83G Daytona 1984. Konkurrent Provence Moulage konterte mit dem Richard Cleare-March 85G und dem Nissan R85V (alias March Nissan 85G), beides Fahrzeuge, die in Le Mans 1986 am Start waren. Diverse March aus der IMSA-Serie wurden außerdem als Resine-Bausätze von MA Scale produziert. Die Kits des US-Herstellers erreichen – insbesondere hinsichtlich ihrer Gussqualität – nicht den Standard der Konkurrenz aus Frankreich. Hier sind Modellbauer-Geschick und viel Schleif- und Spachtelgeduld gefragt, dann kann man durchaus ein befriedigendes Resultat erreichen. Aktuelle Resine-Modelle des March kommen von Marsh Models aus England. Die Bausätze von John Simons, die auch als Fertigmodelle (built by Simons), z.B. bei Grand Prix Models, erhältlich sind, bestechen durch ihre Qualität und ihre durchdachte Konstruktion, die die Montage der Kits erleichtert.
Von den Diecast- und Resincast-Herstellern wurden die March 82G-85G-Sportwagen bis 2013 weitgehend vernachlässigt, dann hatte sich Spark des Themas angenommen und die ersten Modelle aufgelegt – ab Herbst 2013 waren der Kreepy Krauly-83G (Daytona 1984), der Red Lobster-83G (Riverside 1984) und der Richard Cleare-85G (Le Mans 1986) lieferbar, weitere Modelle wurden angekündigt, diese sind bereits in der Tabelle A enthalten, die alle früher produzierten und 2013 aktuellen 1:43-Modelle der March 82G-85G auflistet. Dort wird auch ersichtlich, dass Ebbro Modelle der von Nissan-Motoren angetrieben March im Angebot hatte (83G Fuji 1983 / 85G Fuji 1985 / Nissan R85V Le Mans 1986).
Die wichtigsten Modelle aus der March 82G-85G-Reihe sind – gemessen an ihrem sportlichen Erfolg – die beiden IMSA-Siegerfahrzeuge (83G Nr. 4 Holbert, IMSA-Sieger 1983 / 84G Nr. 4 Blue Thunder, Lanier, IMSA-Sieger 1984) und der Daytona-Sieger 1984 (83G Nr. 4 Kreepy Krauly). Diese Fahrzeuge sind mittlerweile (2023) von Spark lieferbar. Die weiteren March 83G/84G/85G, die Spark aktuell (2023) im Programm hat, können per Suchbefehl auf der Spark-Webseite ermittelt werden.
March 83G Red Lobster und Kreepy Krauly: Spark-Resincast-Modell und Starter-Bausatz im Vergleich
Der von Spark produzierte March Chevrolet 83G Red Lobster, eingesetzt bei den 6 Stunden von Riverside 1984 (3. Platz, Miller–de Narvaez), gehört zwar nicht zu den erfolgreichsten March-Sportwagen, ist aber sicher einer der optisch originellsten mit seinem für das Team von Dave Cowart und Kemper Miller typischen Hummer-Design, das besonders gut zur signifikanten Frontpartie der March 82G-85G-Reihe passt. Auf der Internetseite „auto & modell“ hat Rudi Seidel das Modell bereits begutachtet und eine tolle Qualität attestiert: „Filigrane Front- und Heckflügel, gut nachgebildete Räder, detaillierte Inneneinrichtung ergeben zusammen mit der sauberen Beklebung ein hervorragendes Modell“.
Dem wäre eigentlich nichts hinzuzufügen, es gibt allerdings ein kleines Maßstab-Problem, das bei der Vermessung des Modells und insbesondere beim Vergleich mit dem 83G Kreepy Krauly-Bausatz von Starter offenbar wird. Das Original-Fahrzeug 82G bzw. 83G durfte reglementbedingt nicht länger als 4,80m und nicht breiter als 2,00m sein – das galt sowohl für die Gruppe C als auch für die IMSA-GTP-Kategorie. Die Original-Maße sind: Länge 4,80m / Breite 2,00m / Höhe 1,04m / Radstand 2,67m. Schon das Starter-Modell des Daytona-Siegers ist etwas zu lang und zu hoch. 1:43-Maße auf 1:1 umgerechnet: Länge 5,00m / Breite 1,98m / Höhe 1,07m / Radstand 2,62m.
Das Spark-Modell ist nochmals länger und vor allem höher und wirkt dadurch massiger als das schlanke Starter-Modell, die Räder erscheinen entsprechend etwas zu klein. 1:43-Maße des Spark-Red Lobster-Modells auf 1:1 umgerechnet: Länge 5,07m / Breite 2,02m / Höhe 1,16m / Radstand 2,67m. Der Unterschied beim vorderen Überhang zwischen den beiden hier diskutierten Modellen ist dagegen korrekt: Der Kreepy Krauly March hatte in Daytona 1984 tatsächlich eine kürzere Frontpartie als der Standard-83G.
Zu guter Letzt: Neues vom Modell-Zoo – Das Hummerkrokodilschwein
Informationsquellen: siehe oben (Tabelle A)