Vic Elford, geboren 1935 in London, ist am 13. März 2022 verstorben. In Nachrufen wird er auf mehreren Webseiten und in Motorsport-Journals gewürdigt. Hier soll an ihn auch mit Fotos diverser 1:43-Rennsportwagen erinnert werden, die vor allem seine erfolgreichen Jahre bei Porsche repräsentieren.
Elford war seit 1961 auf der Rundstrecke und bei Rallyes unterwegs. Seine außergewöhnliche Vielseitigkeit zeigte sich nicht nur mit den Sportwagen – auf der Langstrecke holte er seine größten Erfolge in den Jahren 1967-1971 – sondern auch bei Sprintrennen mit Gruppe 7-Sportwagen (Canam, Interserie 1970/71) und vor allem bei Rallyes. Die Formel 1-Bilanz (1968-1971) blieb eher mäßig, ansonsten war er aber auf allen Fahrzeugen mit vier Rädern schnell – Quick Vic eben.
Sportwagen: In den Langstreckenrennen der Sportwagen-WM – Thema dieser Webseite – holte Elford sechs Gesamtsiege in der Zeit 1968 bis 1971, alle mit Porsche. Daneben schaffte er fünf zweite und sieben dritte Plätze in WM-Rennen. 1967-1969 war er Porsche-Werksfahrer, 1970 fuhr er bei Porsche Salzburg und 1971 im Martini Porsche Team.
WM-Bilanz 1967 bis 1972: Sechs Siege (alle mit Porsche)
Daytona 24 Std. (Februar=02/1968), Porsche 907 Langheck (Kopilot Neerpasch) / Targa Florio (05/68), 907 (Maglioli) / Nürburgring (05/68), 908 (Siffert) / Nürburgring (05/70), 908/03 (Ahrens) / Sebring 12 Std. (03/71), 917 (Larrousse) / Nürburgring (05/71), 908/03 (Larrousse)
Fünf zweite Plätze (alle mit Porsche)
Sebring 1968 (Typ 907) / Brands Hatch 69 (908/02) / Targa Florio 69 (908/02) / Watkins Glen 69 (908/02) / Brands Hatch 70 (917)
Sieben dritte Plätze (davon sechs mit Porsche)
Targa Florio 1967 (Typ 910) / Nürburgring 67 (910) / Brands Hatch 68 (907) / Spa 69 (908) / Nürburgring 69 (908/02) / Spa 70 (917) / Daytona 72 (Alfa Romeo 33TT3)
1968 war Vics erfolgreichstes Jahr im Sportwagen, eine Punktwertung für Fahrer hätte ihm in dem Jahr den WM-Titel eingebracht. 1972 wechselte er von Porsche zu Alfa Romeo und fuhr dort als Werksfahrer für Autodelta den 33TT3 in der Sportwagen-WM. Danach war er noch ein paar Jahre mit GT-Fahrzeugen unterwegs, und 1975-77 war er am Aufbau und Einsatz des Inaltera- bzw. Rondeau-Teams beteiligt. Ein letzter Start in einem Sportwagenrennen folgte 1983 mit einem privaten Rondeau in Le Mans.
Rallye: Neben Gerard Larrousse war Vic Elford in seiner Epoche einer der wenigen Piloten, die nicht nur im Sportwagen, sondern auch bei Rallyes Erfolge erzielten. Er ist bis heute der einzige, der die beiden Klassiker Targa Florio und Rallye Monte Carlo gewinnen konnte. Bei seinen erfolgreichsten Starts bei Rallyes fuhr er den Porsche 911: Dritter Platz bei der Rallye Korsika 1966, Rallye-Europameister und Monte Carlo-Dritter 1967 mit dem 911S und eben der berühmte Monte Carlo-Sieg 1968 mit dem 911T und Beifahrer Stone. Innerhalb von fünf Monaten gewann er damals vier Klassiker: Monte Carlo, Daytona, Targa Florio und Nürburgring.
Elford und die Targa Florio: „Selten hat EIN Fahrer an einem Rennen eine überragendere Rolle gespielt als Vic Elford an der 52. Targa Florio. Sie war SEIN Rennen!“ (Rico Steinemann im Journal „powerslide“, Bericht zur Targa Florio 1968).
Einem Weltklasse-Piloten sowohl bei Rallyes als auch auf der Rundstecke war die Targa Florio natürlich auf den Leib geschneidert. Fünfmal startete Vic dort mit Porsche (1967-1971), dreimal fuhr er dabei die schnellste Runde des Rennens, und 1968 rettete er den Tag für die Stuttgarter, als er mit einer brillanten Fahrt den Sieg vor Alfa Romeo aus dem Feuer holte. Und das kam so: Zusammen mit dem Targa-Routinier Umberto Maglioli fuhr er einen von vier favorisierten Werks-907, die eigentlich nur einen Alfa 33/2 mit 2,5 Liter-V8 Motor und mit Vaccarella am Steuer fürchten mussten. Aber dann ging bei Porsche alles schief: Schon in der ersten Runde verlor Elford knapp 20 Minuten auf die Spitze – zweimal ein Rad verloren und mit Hilfe eines Zuschauers wieder montiert, beim zweiten Mal garniert mit einem Aufprall auf einen Felsen und in der Folge einem Reifenplatzer, Ersatz durch ein Rad eines parkenden Privatwagens. Im weiteren Rennverlauf bekamen auch die anderen drei 907 Probleme, zwei fielen gänzlich aus. Elford startete nun zusammen mit Maglioli eine atemberaubende Aufholjagd mit Rekordrunden. Zu Beginn des letzten Rennviertels lag man auf Platz 3 hinter zwei Alfa 33/2, als Elford zum Schlussangriff blies. Am Ende hatte das Auto drei Minuten Vorsprung auf den besten Alfa. Es war eine der großen Fahrerleistungen des Endurance-Rennsports, in einer Reihe mit epischen Fahrten von Nuvolari, Moss, Siffert, Rodriguez, Ickx, Stuck, Bellof, McNish, Kristensen oder Lotterer, und es war Vics zweite Sternstunde nach seinem Monte Carlo-Triumph nur wenige Monate zuvor.
Elford, Le Mans und der Porsche 917: Elford holte zwar fünf seiner sechs WM-Siege mit Porsche Achtzylindern (907, 908), aber seine Sympathie galt besonders dem 917, auch bereits im ersten Einsatzjahr 1969, als die meisten anderen Porsche-Werkspiloten kaum motiviert waren, das „Geschwür“ mit seinen kritischen Eigenschaften zu fahren (Zur Entwicklung des 917 und zu seinen anfänglichen aerodynamischen Problemen kann auf dieser Webseite ein Bericht aufgerufen werden). Für die Le Mans-Premiere des 917 setzte Vic ganz bewusst auf die überlegene Leistung des Zwölfzylinders, der 200 PS mehr als der 908 und 150 PS mehr als der Ford GT40 oder der Matra V12 einsetzen konnte. Elford fuhr zusammen mit dem Endurance-Routinier Dick Attwood und entschied sich für eine schonende „Spazierfahrt“, die dem 917 trotzdem am Sonntagmorgen einen komfortablen Vorsprung von sechs Runden bescherte – bei Porsche hatte man kaum erwartet, dass einer der beiden brandneuen 917 zu dieser Zeit überhaupt noch im Rennen wäre. Dann fingen aber die Probleme an: Im Getriebegehäuse entstand ein Riss, Getriebeöl tropfte auf die Kupplung, und da halfen auch mehrere Flaschen Coca Cola nicht mehr – drei Stunden vor Rennende kam das Aus für den Langheck.
Auch 1970 und 1971 setzte Elford in Le Mans auf die Langheck-Variante, deren Einsatz 1970 von John Wyer, Chef des Gulf Teams, noch verworfen wurde – die Fahreigenschaften waren immer noch speziell. Trotzdem war der Langheck des Porsche Salzburg Teams 1970 das schnellste Auto im Feld, und bis Stunde sieben lagen Elford und Kopilot Ahrens immer auf Platz 1 oder 2, kämpften sich nach vorübergehenden Problemen Sonntagmorgen wieder auf Platz 2 hinter dem späteren Sieger zurück, dem 917 von Herrmann und Attwood, und hatten die Chance, mit dem schnelleren Auto noch den Sieg zu holen. Dann kam morgens nach 16 Stunden das Aus – Ventilschaden. Übrigens: Kurz vor dem Ausfall lag man drei Runden hinter dem späteren Sieger vom selben Team. Dieser war im Training auf einer Runde fast 13 Sekunden langsamer als der Langheck. Nimmt man für die letzten acht Stunden bei trockenem Wetter eine Rundendifferenz von ca. 10 Sekunden als Basis, hätten Elford und Ahrens noch locker am Herrmann-Attwood 917 vorbeiziehen können: Sie hätten in dieser Zeit sechs bis sieben Runden mehr fahren können. Aber drei Aspekte sprachen dagegen: Das Regenwetter hielt auch im letzten Renndrittel an, was die Unterschiede in den Rundenzeiten wohl nivelliert hätte, zweitens hätte die Teamleitung vermutlich mit einer Stallregie einen internen Kampf um den Gesamtsieg verhindert, und drittens – der 917L mit Elford und Ahrens fiel nun mal am Sonntagmorgen kurz nach 8 Uhr aus. Ein weiteres Beispiel für die vielen „Was wäre geschehen, wenn…“ Fälle aus der Le Mans-Geschichte.
1971 – dritter Versuch: Elford fuhr nun zusammen mit Larrousse den 917L des Martini Teams. Zwei ehemalige Rallye-Asse (Elford Monte Carlo-Sieger 1968, Larrousse Zweiter 1969 und 1970) waren mit dem erneut überarbeiteten Langheck, der nun endlich die gewünschte Fahrstabilität hatte, Favoriten neben den beiden Langhecks des Gulf Wyer Teams. Sie lagen nach fünf Stunden auf Platz zwei, fielen dann aber zurück, und gegen Mitternacht streikte der Motor: Zum dritten Mal kein Le Mans-Glück für Elford mit dem 917.
Sehr guter Text über „Quick Vic“! Chapeau