Richard von Frankenberg – „Schreckenstein“, Publizist und Porsche Pilot

Rennkarriere bei Porsche 1951 bis 1960

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Porsche 550, Le Mans 1955 (von Frankenberg – Polensky), 4. Platz und Sieg in der Indexwertung (Modell auf Basis von Vroom)

Angesichts der großen Vielfalt der im Handel oder in Internet-Börsen erhältlichen Modellautos geht man häufig den Weg, der Sammlung anhand wohl definierter Themen ein System zu geben und sie gleichzeitig überschaubar zu gestalten – z.B. durch Konzentration auf bestimmte Marken, Wettbewerbe oder Epochen. Eine weitere entsprechende Strategie stellt der Blick auf einzelne Rennfahrer und auf die Fahrzeuge dar, die sie in ihrer Karriere bewegt haben: Bekanntestes Beispiel ist die „Michael Schumacher Collection“. Befasst man sich dann näher mit der Person, kommen manches Mal erstaunliche Lebensgeschichten ans Licht – auch dies eine Bereicherung unseres schönen Hobbies.

Die folgende Geschichte ist ein gutes Beispiel:
Richard Alexander Ruthard Edi Wolf Eberhard von Frankenberg und Ludwigsdorff (1922-1973) – Rennfahrer, Schriftsteller, Motorsportjournalist und Fernsehmoderator

Richard von Frankenberg (RvF) gehörte zusammen mit Hans Herrmann, Edgar Barth oder Graf Berghe von Trips zu den ganz schnellen Porsche-Piloten der 1950er Jahre. In der Zeit 1953-1958 war er eine der Säulen der Porsche-Werksmannschaft bei den Rennen zur Sportwagen-Weltmeisterschaft und insbesondere in Le Mans. Die Geschichte der Porsche Typen 550, 550A und 718 RSK („Spyder“) ist untrennbar mit seinem Namen verbunden.

Auf den ersten, flüchtigen Blick reduziert sich die Personalie auf seinen Spitznamen „Schreckenstein“ als Hinweis auf seine „risikobetonte“ Fahrweise und den spektakulären Unfall auf der Avus 1956, als sein Porsche Spyder Typ 645 „Micky Maus“ über die Steilwand der Nordkurve flog, kopfüber auf dem darunter liegenden Parkplatz landete und komplett ausbrannte. Den Moment, als der Pilot aus dem Wagen geschleudert wurde – was ihm letztlich das Leben rettete – hat der Motorsportfotograf Julius Weitmann für die Rennhistorie für immer festgehalten. Diese plakative Einstufung wird aber weder dem Rennfahrer noch der Persönlichkeit RvF annähernd gerecht. Seine bemerkenswerte Erfolgsbilanz bei Endurance-Rennen und speziell in Le Mans passt nicht zu einer angeblich riskanten Fahrweise, und seine Karriere als Rennfahrer zeigt nur eine Facette seiner vielseitigen Talente.

RvF war Radio- und Fernsehmoderator, Motorsportjournalist, Sachbuchautor, Schriftsteller, Rennfahrer und Streckensprecher, eine unverwechselbare Persönlichkeit auf der Rennstrecke, am Mikrophon und an der Schreibmaschine.

Publizist, Sachbuchautor, Radio- und Fernsehmann
Schon vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er – nicht zuletzt aufgrund seiner sehr kritischen Einstellung gegenüber den Nationalsozialisten – beim deutschsprachigen Dienst der britischen BBC eingesetzt. Er kam dann kurz nach Kriegsende zum Südwestdeutschen Nachrichtendienst und danach zur Deutschen Allgemeinen Nachrichtenagentur, dem Vorläufer der dpa (Deutsche Presse Agentur). Parallel publizierte er unter dem Pseudonym „Alexander Borelius“ schon 1946 im Rohwolt-Verlag über geschichtsphilosophische Themen und arbeitete für einige nach 1945 neu gegründete Zeitschriften (z.B. „Christ und Welt“). Unter den historischen Sachbüchern, z.T. unter dem Pseudonym Herbert A. Quint verfasst, erlangte die erste Hitler-Biographie nach dem Krieg einige Berühmtheit, die er 1952 zusammen mit dem Historiker Walter Görlitz veröffentlichte („Hitler – Eine Biographie“, Stuttgart 1952).

1951 entstand der Kontakt zu Porsche: RvF wurde dort Pressesprecher. Im selben Jahr wurde seine Porsche-Biographie veröffentlicht – wieder unter dem Pseudonym „Quint“ – und zusammen mit dem Porsche-Rennleiter und Rennfahrer Huschke von Hanstein sowie anderen Porsche Piloten jener Zeit (Petermax Müller, Walter Glöckler, Hermann Ramelow) folgten bereits erste Einsätze im Porsche 356, teilweise noch mit dem alten Gmünd-Coupé. 1952 gründete RvF die Porsche-Kundenzeitschrift „Christophorus“, deren Chefredakteur er von der ersten Stunde bis zuletzt (1973) war. Und über die Jahre bei Porsche entstanden über 30 Bücher zu den Themen Porsche, Motorsport und Automobilgeschichte. Parallel war RvF Redakteur bei „Auto, Motor und Sport“, bei der „Motor Revue“ und in den Jahresbänden „Auto Jahr“.

Nicht genug damit: Zahllos waren seine Auftritte im Rundfunk und im Fernsehen, insbesondere beim Süddeutschen Rundfunk, beim Südwestfunk Baden Baden und beim ZDF. Darüber hinaus war er an über 30 Filmproduktionen rund um das Auto und den Motorsport beteiligt, und bei Besuchern von Motorsportveranstaltungen war seine Stimme als Streckensprecher in dieser Zeit eine vertraute und kompetente Begleitung.

Rennfahrer bei Porsche
Die Rennkarriere von RvF erstreckte sich über die 1950er Jahre von 1951 bis 1960, und sie konzentrierte sich auf Porsche-Rennsportwagen und GT-Fahrzeuge, auf die Spyder-Typen 550, 550A und 718 RSK und den Typ 356 in der GT-Klasse. Es begann 1951 mit dem 356 bei verschiedenen Rallyes und bei Geschwindigkeits-Rekordfahrten (Montlhéry 1951). 1952 folgte bereits der erste Start bei einem Langstrecken-Klassiker, der Mille Miglia, wiederum mit dem 356. In den Jahren 1953 bis 1960 war RvF dann Werksfahrer bei Porsche, mit Einsätzen bei ausgewählten Langstreckenrennen zur Sportwagen-Weltmeisterschaft, insbesondere in Le Mans, bei den 12 Stunden von Reims und den 1000 km auf dem Nürburgring, sowie bei Sprint-Rennen zur Deutschen Sportwagen-Meisterschaft und später zur Berg-Europameisterschaft (1957, 1958). Die erfolgreichsten Jahre waren wohl 1955 und 1956 mit einigen Klassensiegen bzw. Indexsiegen in Le Mans und in Reims sowie mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft 1955. Eine Übersicht über die wichtigsten Renneinsätze in diesen Jahren kann hier aufgerufen werden.

Besonders erfolgreich waren seine Auftritte in Le Mans: Dort fuhr er in allen Jahren von 1953 bis 1958 und kämpfte zusammen mit Fahrern wie Hans Herrmann, Helm Glöckler, von Trips und anderen um den Sieg in der Klasse bis 1500 ccm Hubraum und in der Indexwertung. 1953 und 1955 schaffte er dies tatsächlich, außerdem kamen seine Spyder 1955 auf den 4. und 1956 auf den 5. Gesamtrang mitten unter den großen Sportwagen. Bemerkenswert war sein Le Mans-Debut 1953 mit dem neuen 550 Coupé, als er zusammen mit Paul Frére ein Team bildete und gleich die kleine Klasse bis 1500 ccm gewann – zwei der später renommiertesten Motorsport-Journalisten Europas auf einem Fahrzeug!

1959 und 1960 klang seine Rennfahrerkarriere langsam aus, RvF beschränkte sich nun auf ausgewählte Sprintrennen auf Flugplatzkursen und auf Bergrennen, zumal seine vielen Aktivitäten bei Presse, Funk und Fernsehen, als Buchautor, als Pressesprecher bei Porsche und in vielen anderen Funktionen kaum noch ein intensives Rennprogramm als professioneller Pilot erlaubte.

Richard von Frankenberg – Porsche-Modelle in 1:43
Die bereits genannte Übersicht zeigt seine Le Mans-Starts und die 2014 lieferbaren und früher produzierten Modelle der Le Mans-Fahrzeuge in 1:43. Die Resine-Bausätze decken die Jahre 1953 bis 1958 recht gut ab, wobei Vroom in diesem Segment auch qualitativ eine führende Rolle einnimmt. Im Resincast-Bereich sah es 2014 deutlich schlechter aus: Die Jolly-Modelle entsprachen nicht mehr dem aktuellen Standard, ansonsten gab es von Marktführer Spark nur das Le Mans-Coupé von 1953. Mittlerweile (2023) hat Spark begonnen, einige der Porsche 550/550A neu zu produzieren – am besten recherchiert man das auf der Spark-Webseite.

Sammler von „Frankenberg“-Modellen vermissten 2014 außerdem ein korrektes Modell der „Micky Maus“, dem Typ 645, mit dem RvF auf der Avus 1956 seinen spektakulären Unfall hatte. Einzig von MA Scale gab es einen Resine-Bausatz in durchschnittlicher Qualität (Standard 1980er Jahre). Die Pläne von Vroom, ein exaktes Resine-Modell der Micky Maus auf den Markt zu bringen, sind bislang leider noch nicht realisiert worden, schade!

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Porsche 550 Coupé Le Mans 1953 (von Frankenberg – Frére), Sieg in der Klasse bis 1500ccm Hubraum (Modell: Vroom)

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Porsche 550 Le Mans 1955 (von Frankenberg – Polensky), Basis: Resine-Bausatz von Vroom

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Porsche 550A Coupé Le Mans 1956 (von Frankenberg – von Trips), 5. Platz in der Gesamtwertung, 2. in der Indexwertung (Modell: Vroom)

Quellen
Siehe Rubrik “Über diese Seite” → “Anmerkungen zu Minerva Endurance”, sowie insbesondere: Brian Long, Porsche Racing Cars 1953 to 1975, Veloce Publishing, 2008.

Eine weitere, sehr lesenswerte Quelle zu Richard von Frankenberg ist seine Lebensgeschichte, verfasst vom Sohn Donald: Donald von Frankenberg, Richard von Frankenberg – Mit Vollgas durchs Leben. Delius Klasing, Bielefeld, 2009.

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Le Mans Symposium im Prototyp Museum Hamburg 2009, untere Reihe, Zweiter von links: Donald von Frankenberg

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Eine Antwort zu Richard von Frankenberg – „Schreckenstein“, Publizist und Porsche Pilot

  1. Richard von Frankenberg, seine Frau Helga und ihr Bruder waren häufig bei uns zuhause zu Gast bei Remagen. Unsere Wiese sah mit den verschiedenen Porschegarben wie ein Ostereinest aus. Ein feiner Mann, RvF, mein Vater, Heinrich Schlingensief und er wollten in Bonn ein Porschemuseum eröffnen.

    Es war alles fertig geplant, dann ereignete sich der tragische Unfall. Ich denke noch viel an ihn, inzwischen 75 Jahre alt, auch als er mich noch als Mädchen von der Schule in Linz am Rhein mit seinem Gewinnerporsche der Mille Miglia abholte und die Gäschen widerhallten vom Röhren des Motors. Saludos aus Andalusien, wo ich lebe. Helga Lambacher Still.

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