In den 1950er Jahren war die Welt noch in Ordnung: Rennsportwagen hatten den Motor vorn, den Antrieb an der Hinterachse und das Getriebe entweder vorn mit dem Motor verblockt oder hinten am Differential nach dem Transaxle-Prinzip – so wie es schon in den 1930er Jahren üblich war. Ikonen dieser klassischen Sportwagen-Epoche waren Jaguar C- und D-Type, Mercedes-Benz 300 SLR, Lancia D24, Maserati 300S und 450S und verschiedene Ferrari-Sportwagen, in der Spätphase der Dekade der Ferrari 250 Testa Rossa und der Aston Martin DBR1.
Gab es Ausnahmen? Natürlich Porsche! Ferdinand der Ältere begründete 1934 die Reihe der Auto Union Grand Prix-Rennwagen mit ihrem damals revolutionären Konzept: Motor hinter dem Piloten und vor der Hinterachse – den Begriff „Mittelmotor“ gab es damals noch nicht. Dann folgte vom Porsche Senior der Jahrhundert-Entwurf des Volkswagens mit seinem Boxermotor im Heck, auf dessen Fundament nach dem Krieg – bereits in den späten 1940er Jahren – von verschiedenen VW-Ingenieuren Rennsportwagen entwickelt wurden (siehe Bericht „Die Pionierjahre…“). Und als 1948 der erste von Junior Ferry entwickelte Porsche das Licht der Welt erblickte, folgte auch diese „Nummer 1“ der 356-Reihe zunächst dem Mittelmotor-Konzept nach dem Vorbild der Auto Union-Rennwagen. Der Typ 356 eroberte dann aber mit einem Heckmotor, also nach dem VW-Prinzip, die Straßen der Welt und als GT-Version auch die Rennstrecken. Ab 1953 folgten dann die Rennsport-Porsche mit Mittelmotor: Der 550 und später der 718 RSK waren in dieser Hinsicht ihrer Zeit voraus und deuteten bereits die konzeptionellen Vorteile dieser Motoranordnung an.
Ansonsten dominierten aber in der Nachkriegszeit bis Mitte der 1950er Jahre die klassischen Frontmotor-Sportwagen, zumindest in den Klassen mit mittleren und größeren Motoren, ebenso sah es in der Formel 1 aus. Die Heck- oder Mittelmotor-Bauweise trat allenfalls in den untersten Hubraumklassen bei Sportwagen in Erscheinung, die auf Heckmotor-Kleinwagen für die Straße basierten. So bevölkerten in den ersten Le Mans-Nachkriegsrennen heckgetriebene Renault 4CV oder daraus entwickelte Sportwagen die hinteren Startreihen mit Blick auf den Sieg in der 750ccm-Klasse oder in der Indexwertung. Nette Wägelchen, zugegeben, aber kein geeignetes Konzept für Sportwagen mit drei und mehr Litern Hubraum – wie man sich da täuschen konnte…
Aber: Veränderung lag in der Luft, und die hatte ihre Keimzelle bereits 1946, auf dem europäischen Festland nahezu unbemerkt, in dem Londoner Vorort Surbiton. Garagist Charles Cooper und Sohn John sowie Freund Eric Brandon schufen einen Patchwork-Kleinstrennwagen auf Basis zweier Hälften von Fiat Topolino-Fahrgestellen und einem 500ccm-Einzylinder-Motorradmotor von JAP. Den setzten sie genau dahin, wo er im Formel-Rennsport seit 1960/61 sitzt, nämlich hinter den Fahrer, mit Kettenantrieb zur Hinterachse. Was aus heutiger Sicht als genialer Entwurf gilt – Mittelmotor, niedriger Schwerpunkt, Leichtgewicht – war bei den Coopers eher ein Kind beschränkter Möglichkeiten im wirtschaftlich gezeichneten England der ersten Nachkriegsjahre. Gleichwohl waren die ersten Rennzwerge von Cooper fast auf Anhieb so erfolgreich, dass schon 1948 eine kleine Produktionsserie aufgelegt wurde. Der junge Stirling Moss und andere später berühmte britische Grand Prix- und Sportwagenpiloten begannen so ihre Karriere. Ab 1950 fuhren die 500ccm-Mini-Rennwagen unter der neuen FIA-Kategorie „Formel 3“, darunter auch ein voll verkleidetes Fahrzeug (T17), mit dem John Cooper u.a. das Formel 3-Rennen auf der Avus 1953 gewann.
Dem „Cooper-Konzept“ folgten wenig später (ab 1948) in den noch von den West-Alliierten besetzten Zonen Deutschlands ähnliche Projekte für die Kategorie der Kleinstrennwagen, z.B. der Scampolo von Walter Komossa (siehe Bericht zum „Kieler Hafenkurs“).
Cooper-Modelle in 1:43: Cooper JAP 500ccm, Mk IV (T11), Formel 3 (1950), Stirling Moss, 1:43-Bausatz von SMTS (Bezug über Grand Prix Models) / Cooper JAP, Mk V (T17), Formel 3, voll verkleidete Version für Rekordfahrten und auf schnellen Kursen (u.a. AVUS) 1:43-Modelle von Ugo Fadini
Über die 1950er Jahre bildeten die jährlich weiterentwickelten Cooper das Rückgrat dieser Baby-Formel. Zusammen mit dem etwas größeren Cooper mit Zweizylinder-JAP-Motor und 1000-1100ccm Hubraum, eingesetzt in der neuen Formel 2, schufen diese Fahrzeuge 1957 die Basis für den nächsten Schritt, den Einstieg in die Formel 1, der schließlich 1959/60 zu zwei Weltmeisterschaften von Jack Brabham und zur technischen Revolution in der Königsklasse führte.
Aber zunächst zurück zu den Sportwagen: Der erste Cooper-Rennsportwagen mit Mittelmotor entstand 1954 und wurde in den Jahren 1955-57 unter dem Namen „T39“ und „T40“ eingesetzt, bekannt wurde er aber als „gestutzter Schwanz“, englisch „Bobtail“. Der T39 war eine Konstruktion von John Cooper und Owen Maddock, an seiner Entwicklung war auch bereits der spätere Cooper-Stammpilot Jack Brabham beteiligt. Angetrieben wurde das Fahrzeug von einem 1100ccm-Motor von Coventry Climax (Typ FW = Feather Weight), der ursprünglich als Antrieb einer mobilen Feuerwehrpumpe konstruiert wurde. Das kleine, leichte Fahrzeug (Länge 3,30m, Gewicht gut 400 kg), ausgelegt als Mittellenker, schaffte 1955 auf Anhieb Klassensiege in Goodwood und bei der Tourist Trophy in Nordirland und startete auch in Le Mans. 1956 folgten weitere Einsätze bei Langstreckenrennen, nun auch mit größerem 1,5 Liter-Motor und z.T. hochkarätig besetzt (z.B. mit Stirling Moss und Phil Hill). Der T39/T40 war jenseits von Porsche der erste erfolgreiche Mittelmotor-Sportwagen, allerdings immer noch in einer unteren Hubraumklasse.
Cooper Climax T39 „Bobtail“, als Rennsportwagen und in der Formel 2: Modelle in 1:43 von Bizarre, Provence Moulage und SMTS.
1958 blies man bei Cooper zum Angriff auf die Formel 1, nachdem man in den beiden Jahren zuvor schon die erfolgreichsten Formel 2-Wagen stellte und in Monaco 1957 bereits einen Fuß in die Formel 1 setzte – Brabham lag dort mit seinem 2 Liter-T43 vorübergehend an dritter Stelle. Cooper war die Sensation in den ersten beiden Rennen des Jahres 1958, als Moss mit einem 2,2 Liter-T43 beim Saisonauftakt in Argentinien und Maurice Trintignant beim zweiten Rennen in Monaco Siege holten. Am Ende der Saison lag das Team mit dem einzigen Mittelmotor-Rennwagen im Feld auf Platz 3 der Konstrukteurs-WM. Die weitere Geschichte 1959/1960 ist bekannt: Zwei Titel für Jack Brabham mit dem Cooper T51 bzw. T53 mit 2,5 Liter-Climax-Motor, wobei 1960 alle acht Rennen, an denen die gesamte Formel 1 teilnahm, an die beiden Mittelmotor-Rennwagen von Cooper und Lotus gingen, und 22 der 24 Podiumsplätze fielen an Fahrzeuge mit dem neuen Konzept. 1961 war dann das gesamte Formel 1-Feld auf die Mittelmotor-Anordnung eingeschwenkt.
Auch bei den Sportwagen folgte Cooper dem neuen Trend: Nach dem Bobtail betrat 1959 der T49 unter dem Namen „Monaco“ die Bühne (benannt nach Trintignants Formel 1-Sieg 1958), angetrieben von 1,5- oder 2,0 Liter-Climax-Motoren. Mit McLaren und Russell startete ein Cooper Monaco in Le Mans 1959. Im nächsten Jahr folgte Lotus mit dem Typ 19 „Monte Carlo“, ebenfalls mit Mittelmotor. Der Monaco wurde über die nächsten vier Jahre weiter entwickelt (T57, T61, T61M) und mit zunehmend größeren Motoren ausgestattet. Die Domäne des Cooper Monaco und des Lotus Monte Carlo waren aber weniger die Endurance-Klassiker als vielmehr Sprintrennen in England oder in Übersee. Gleichwohl – an der Schwelle zu den 1960er Jahren war Porsche mit seinem Mittelmotor-Spyder nicht mehr allein unter den vielen Frontmotor-Sportwagen, mit Cooper und Lotus setzten zwei weitere Konkurrenten nicht nur bei den Formel-Rennwagen, sondern auch bei den Sportwagen auf dieses Konzept.
Modelle in 1:43: Cooper Monaco: John Day, Bizarre / Lotus 19: John Day, MaScale, Spark
Während die Formel 1 also innerhalb kurzer Zeit (1958-1961) den kompletten Wechsel vom Front- zum Mittelmotorkonzept vollzog, reagierte die Rennsportwagen-Szene mit ca. zwei Jahren Verzögerung, und die Hersteller von Straßensportwagen blieben sogar bis weit in die 1960er Jahre hinein beim Frontmotor (Porsche natürlich wieder ausgenommen). So wurden z.B. der Lamborghini Miura erst 1966 und der Ferrari 206 Dino noch zwei Jahre später vorgestellt. Damit behielt auch die Gran Tourismo-Klasse, die 1962 mit der neu geschaffenen Weltmeisterschaft aufgewertet wurde, weiterhin die traditionelle Motoranordnung bei, da auch die zur Homologation erforderlichen Basisfahrzeuge aus der Serienfertigung in aller Regel den Motor vorn hatten (Ferrari 250GT, Aston Martin DB4GT, Jaguar E, Ford Cobra, Corvette usw.).
1960 stand der Porsche RS 60 zusammen mit dem Cooper Monaco und dem Lotus 19 Monte Carlo der etablierten Frontmotor-Konkurrenz gegenüber: Ferrari 250 TR und Dino 246S, Jaguar E2a, Maserati T61 „Birdcage“, Aston Martin DBR1. Der Maserati T61, der schnellste Rennsportwagen der Saison, war zusammen mit dem Jaguar E2a (siehe Bericht „Jaguar in Le Mans…“) und dem amerikanischen Chaparral Mk 1 von 1961 (siehe Bericht „Das kleine Kriegsschiff…“) eine der letzten Neukonstruktionen von Rennsportwagen mit Frontmotor.
Im folgenden Jahr 1961, als die Formel 1 einschließlich Ferrari endgültig zum Mittelmotor gefunden hatte, fuhr man bei den Ferrari-Sportwagen schon zweigleisig: Der neue Dino 246 SP folgte dem neuen Konzept, während parallel noch der aerodynamisch überarbeitete 250 Testa Rossa mit Frontmotor eingesetzt wurde. Auch Maserati ergänzte seinen Fuhrpark um ein neues Mittelmotor-Modell, den T63, der nun zusammen mit dem Frontmotor-T61 die Rennen bestritt. Mit dem 246 SP, dem T63 und dem Porsche RS 61 schickten nun die drei wichtigsten Kontrahenten um die Sportwagen-Weltmeisterschaft Fahrzeuge mit Mittelmotor ins Rennen. Trotzdem gewannen die „alten“ Frontmotor-Boliden 1961 noch vier der fünf WM-Rennen, Ferrari mit dem 250 TR/61 das wichtigste in Le Mans. Nur die Targa Florio ging an den Ferrari 246 SP mit Mittelmotor.
Ab 1962 wurde die Markenweltmeisterschaft für „Gran Tourismo“-Fahrzeuge ausgeschrieben, deren Basis Sportwagen aus der Serienfertigung sein musste, von denen mindestens 100 Exemplare pro Jahr gebaut wurden. Neben den GT-Fahrzeugen gab es aber weiterhin die alte Sportwagenklasse und zusätzlich als neue Kategorie die „Sport-Prototypen“, ohne Mindeststückzahl und 1962 noch mit einem Hubraumlimit von vier Litern. Sie waren bei den vier klassischen Langstreckenrennen (Sebring, Targa Florio, Nürburgring, Le Mans) zugelassen und fuhren dort um den Gesamtsieg. Während die Fahrzeuge der großen GT-Klasse weiterhin Frontmotor-Fahrzeuge waren (Ferrari 250 GTO, Jaguar E, Aston Martin DB4 GTZ), waren in der Prototypenklasse bereits mehrheitlich Mittelmotor-Konstruktionen am Start: Ferrari 246P/268P, Porsche 718/8 (Spyder/Coupé), Maserati T64, Lotus Climax 23. Aber es gab auch noch Frontmotor-Prototypen: Ferrari 250 TR, 330 LM und 330 GT, Maserati T151, Aston Martin P 212. Beim Saisonhöhepunkt in Le Mans gewann mit dem Ferrari 330 LM zum letzten Mal bis heute (2013) ein Sportwagen mit Frontmotor, und auch bei den 12 Stunden von Sebring holte sich noch einmal ein Frontmotor-Ferrari (250 TR) den Gesamtsieg. Die Targa Florio und die 1000 km auf dem Nürburgring gingen dagegen an den Ferrari 246 P, und die Sportwagen-Premiere in Daytona sah Dan Gurney mit einem Lotus 19 als Sieger. Fazit des Jahres: Noch waren die Sportwagen alter Art nicht in die zweite Reihe verbannt.
1963 war das Bild bei den für alle Klassen offenen Endurance-Rennen der „Challenge Mondial“-Trophäe dagegen eindeutig: Alle vier Rennen (Sebring, Targa Florio, Nürburgring, Le Mans) wurden von Mittelmotor-Prototypen gewonnen, darunter drei vom neuen Ferrari 250P, Ausgangsmodell der legendären „P-Serie“ der Zwölfzylinder-Prototypen in den Jahren 1963-1967. Endlich vollzog man in Maranello den Schritt, den bewährten V12-Motor als Mittelmotor einzubauen, und der 250P war auf Anhieb der erfolgreichste Sportwagen des Jahres 1963. Nur die Targa Florio ging in diesem Jahr nicht an Ferrari sondern an Porsche mit dem 718/8 GTR Coupé. Weitere interessante Mittelmotor-Fahrzeuge betraten die Bühne, allen voran der Lola Mk 6, Vorläufer des Ford GT40, der Ferrari ab 1964 herausfordern sollte. Andererseits bot der Hochgeschwindigkeitskurs von Le Mans, wo es eher auf Motorleistung als auf Straßenlage ankommt, noch dem einen oder anderen Prototypen mit Frontmotor eine Bühne, z.B. dem Ferrari 330 LMB, dem Aston Martin P 215 oder dem Maserati T151/2, allerdings ohne nachhaltige Resultate. In der großen GT-Klasse war die Situation anders: Hier dominierten weiterhin Coupés mit Frontmotor, wobei der Ferrari 250 GTO auch in diesem Jahr das überlegene Fahrzeug war, mit dem Jaguar E Lightweight und dem Aston Martin P 214 als wichtigste Konkurrenten.
1964/65 war in der Prototypenklasse der Wandel zum Mittelmotor-Konzept praktisch vollzogen. Der Maserati T151/3, der Iso Grifo Bizzarini oder der Sunbeam Tiger waren in Le Mans nur noch Exoten, und das Frontmotor-Konzept fand sich fast nur noch in der GT-Kategorie mit dem Ferrari 250 GTO (1964) und dem 275 GTB (1965) sowie dem Shelby Cobra Daytona Coupé an der Spitze.
Es sollte über 30 Jahre dauern, bis mit dem Nissan 300 ZX wieder ein Frontmotor-Sportwagen ein hochkarätiges Endurance-Rennen gewann (Daytona und Sebring 1994), und erst mit dem Frontmotor-Revival Ende der 1990er Jahre, mit Panoz, Chrysler Viper oder Corvette, gelangen wieder entsprechende Gesamtsiege, so beim Petit Le Mans 1999 (Panoz Roadster LMP1), am Nürburgring 2000 (ebenfalls Panoz) oder in Daytona 2000 (Chrysler Viper). Aber wie schon in den Jahren 1963-1965 sehen wir in der jüngeren Vergangenheit (Stand 2013) eine Zweiteilung der teilnehmenden Fahrzeuge: Die Prototypenklasse bleibt – abgesehen vom Panoz-Intermezzo – den Mittelmotor-Konstruktionen vorbehalten, während Frontmotor-Fahrzeuge in der GT-Klasse (GT1 oder GTE) durchaus siegfähig sind. Chrysler Viper, Chevrolet Corvette, Ferrari 550 Maranello oder Aston Martin DBR9 wandelten in den Jahren 2000-2010 auf den Spuren der legendären GT-Boliden Ferrari 250 GTO, Shelby Cobra Daytona, Jaguar E oder Aston Martin P214 aus den goldenen 1960er Jahren.
Quellen: Siehe Rubrik “Über diese Seite” → “Anmerkungen zu Minerva Endurance”. Insbesondere: Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1950-1959, Haynes Publishing, 2010 / Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1960-1969, Haynes Publishing, 2008. Informationen über Cooper: Siehe Wikipedia-Seite, “Cooper”, sowie die Internet-Seite “500race” (dort: Marques→Cooper).