Der „550“ wurde bei Porsche 1952/53 entwickelt. Nach den frühen Sporteinsätzen mit dem Heckmotor-356 (1951/52) war der 550 eine Mittelmotor-Konstruktion, gezielt für den Wettbewerb in Sportwagenrennen geschaffen, mit dem sich Porsche seine ersten internationalen Lorbeeren verdiente. Der 550 war der erste Baustein in Porsches Rennsport-Legende und bildet damit auch den Ausgangspunkt einer Modellsammlung mit Porsche-Rennfahrzeugen.
Sein Debut feierte der 550 Ende Mai 1953 beim Eifelrennen auf dem Nürburgring, dem ersten Lauf der Deutschen Sportwagenmeisterschaft 1953. Helm Glöckler schaffte auf Anhieb den Sieg in der stark umkämpften 1,5 Liter-Klasse gegen Borgward, EMW, Veritas und AFM. Der Name Glöckler kam nicht von ungefähr, es waren nämlich die von Walter Glöckler, Helms Cousin, eingesetzten kleinen leichten offenen „Glöckler RS“ Sportwagen mit frisierten Vierzylinder-Boxermotoren von Volkswagen (oder später von Porsche), die schon 1950-1952 mit Erfolg in der Deutschen Sportwagenmeisterschaft (DSM) eingesetzt wurden und Ferry Porsche wohl bereits darauf hinwiesen, wie erfolgreich ein kleiner, leichter Rennsportwagen mit Mittelmotor sein kann – jedenfalls wurden die Glöckler RS zu Vorbildern für die neuen 550 Werkswagen.
In seinem ersten Jahr war der 550 (als offener Zweisitzer oder mit Coupé-Aufsatz) noch mit dem bekannten 1,5 Liter-Boxermotor aus dem 356 unterwegs (Typ 528). Ab 1954 wurde dann der für den 550 vorgesehene Motor „547“ („Fuhrmann-Motor“) in Straßen- und Rundstreckenrennen eingesetzt. Diese Hochleistungsmaschine mit allen Zutaten eines modernen Rennmotors, vier obenliegende Nockenwellen, Doppelzündung, Trockensumpfschmierung, und, und, und… war Porsches Rückgrat für die Renneinsätze bis Mitte der 1960er Jahre, ein überaus komplexer, aber dennoch höchst zuverlässiger, drehzahlfester Motor und wohl einer der konstruktiven Höhepunkte des Nachkriegs-Rennmotorenbaus überhaupt. Der Fuhrmann-Motor war dann das Markenzeichen aller 550-Varianten in den kommenden Jahren bis 1958 und darüber hinaus. Der Rennsport-Porsche nahm an den Rennen der DSM teil, trat in unzähligen Rennen der US-Rennsportszene mit prominenten Piloten und gegen weitaus üppiger motorisierte Konkurrenz an, vor allem aber war der 550 Porsches Einstiegsauto in den Langstreckenrennen der ab 1953 ausgetragenen Sportwagen-Weltmeisterschaft.
Die Saison 1954 bescherte der Welt dann endlich einen passenden Namen für den neuen Star der 1,5 Liter-Klasse: „Spyder“! Das New Yorker Verkaufsgenie Max Hoffman (siehe Beitrag, ohne ihn hätte es vermutlich keinen käuflichen 300 SL, 190 SL oder BMW 507 gegeben) initiierte und förderte mit diesem Namen den Verkauf einer kleinen Serie an amerikanische Rennfahrer. Der berühmteste Kunde des Spyder war aber eher ein Rennamateur, der den Bekanntheitsgrad des Porsche auf tragische Weise steigern sollte: Hollywood-Star James Dean kaufte 1955 einen der neuen Renn-Spyder und verunglückte auf dem Weg zu seinem ersten Rennen mit der Neuerwerbung tödlich.
Bis Ende 1955 fuhr das Porsche-Werk mit dem Typ 550, danach kam der verbesserte Typ „550A“ (alias „1500 RS“) zum Einsatz. Ab Mitte 1957 setzte Porsche dann den Nachfolger „718 RSK“ ein, der 550A war aber sowohl als Werkseinsatz als auch in privater Hand noch bis Ende 1958 aktiv, in einzelnen Rennen auch noch danach. Seine größten internationalen Erfolge waren zum einen der Gesamtsieg bei der Targa Florio 1956, als Umberto Maglioli in Alleinfahrt die Werksteams von Ferrari und Maserati schlagen konnte, und zum anderen der publicityträchtige Klassensieg bzw. der dritte Platz im Gesamtklassement bei der Carrera Panamericana 1954, Anlass für Porsche, alle 356 mit dem Fuhrmann-Motor und seine sportlichen Spitzenprodukte der folgenden Jahrzehnte mit dem Titel „Carrera“ auszuzeichnen.
Die ersten Werksfahrer des 550 waren Helm Glöckler und Hans Herrmann. Hans Herrmann war 1953 ein viel versprechendes Talent und über mehrere Jahre der schnellste Porsche-Pilot, er holte 1953, 1954 und 1956 für Porsche die DSM-Titel in der 1,5 Liter-Sportwagenklasse. Hinzu kamen Fahrer wie Richard von Frankenberg (DSM-Meister 1955), Jaroslav Juhan (ein in Guatemala lebender Tscheche), Helmut Polensky und Herbert Linge, um nur einige zu nennen. Gelegentlich griffen auch der Belgier Paul Frère und Porsches Rennleiter Fritz Huschke Sittig Enno Werner von Hanstein ins Lenkrad. Später kamen z. B. Wolfgang Graf Berghe von Trips, Wolfgang Seidel, Edgar Barth und Umberto Maglioli hinzu, und in den Jahren, als der 550A allmählich vom 718 RSK ersetzt wurde, fuhren sogar Formel 1-Stars wie Stirling Moss, Jean Behra oder Joakim Bonnier für Porsche.
Zu den frühen Porsche-Rennsportwagen und speziell zum Typ 550 ist eine Fülle von Büchern sowie Artikeln in Printjournals und auf Webseiten verfügbar (siehe Angaben am Ende dieses Beitrags). Außerdem wurde bereits in mehreren Beiträgen der Minerva-Webseite auf die 550-Rennsportwagen eingegangen:
Modellbau Forum: Porsche 550 Coupé Carrera Panamericana 1953 / Endurance Racing: Carrera Panamericana 1952-1954 / Endurance Racing: Weiß gegen Rot auf Sizilien (Targa Florio) / Endurance Racing: Richard von Frankenberg / Sportwagen-Geschichte: Motorsport in Deutschland, Die Pionierjahre ab 1947 (Teil 1).
Dieser Bericht beschreibt die Entstehung und die Entwicklungsschritte, vom 550 (1953) bis zum 550A (ab 1956), sowie die wichtigen Rennerfolge, mit Schwerpunkt auf Langstreckenrennen, mit Fotos von Modellen aus der Minerva-Sammlung. Danach folgen Anmerkungen zu Modellen der verschiedenen 550/550A-Varianten in 1/43.
In zwei weiteren Berichten unter „Modellbau Forum“ werden dann zwei 1/43-Modelle vorgestellt, die in der 550er Historie einen besonderen Stellenwert haben und bislang (2023) dennoch von renommierten Diecast- oder Resincast-Herstellern übersehen wurden:
Porsche 550, offene Version des Premierenjahres 1953 (Nürburgring), Modellbasis: Bausatz von Leader (der Bericht zu dem Modell kann hier aufgerufen werden)
Porsche 550A, Sieger der Targa Florio 1956, erster Langstrecken-Gesamtsieg eines Porsche, Modellbasis: Bausatz von Vroom (ein Bericht kann hier aufgerufen werden).
Entstehung und Entwicklungsschritte: Vom 550 (1953-1955) bis zum 550A (ab 1956)
1951/52: Der Beginn der Geschichte des Porsche Werks war bekanntlich stark von Volkswagen geprägt – die Volkswagen- und Porsche-Technik war ja anfänglich nahezu identisch, und auch der Porsche 356 (001) von 1948 (die berühmte „Nummer 1“) basierte auf der Volkswagen-Technik, die von Ferry Porsche und Erwin Komenda optimiert und in ein modifiziertes Sportfahrwerk mit Mittelmotor-Anordnung eingepflanzt wurde. In Porsches Rennsport-Geschichte ist es dabei schon bemerkenswert, dass man werksseitig erst 1951, also drei Jahre nach der Vorstellung des 356 (001) und erst nach dem Umzug von Gmünd zurück nach Stuttgart, auf Rennstrecken auftauchte, international beginnend – welch weise Voraussicht – mit der Teilnahme bei den 24 Stunden von Le Mans. Die Pionierrolle übernahmen einige im Werk verbliebene 356 Coupés mit Alu-Karosserie aus der in Gmünd gebauten kleinen Serie („356SL“, Typ 514), in privater Hand aber bereits ergänzt um das 1950 vorgestellte Stahl-Coupé des 356 aus der Stuttgarter Produktion. Ein 356SL mit Veuillet und Mouche (Nr. 46) startete in Le Mans 1951 und gewann gleich die Klasse bis 1100 ccm Hubraum. Das Auto wurde im Maßstab 1:43 sowohl als Diecast (Minichamps) als auch als Bausatz (Starter, Future, Tron) produziert, ein Spark-Modell ist 2024 zu erwarten.
Noch im selben Jahr 1951 gab es weitere Einsätze des 356 bei verschiedenen Rallyes, insbesondere bei der Fernfahrt Lüttich-Rom-Lüttich (dort schon mit dem größeren 1,5 Liter-Motor, 3. Platz und Klassensieg) oder bei der Tour de France (4. Platz Gesamt und Sieg in der 1,5 Liter-Klasse), aber auch bereits in einigen US-amerikanischen Sportwagenrennen, u.a. eingesetzt von Briggs Cunningham. Auch Huschke von Hanstein saß schon am Steuer eines 356, z.B. beim Eifelrennen 1951. Im folgenden Jahr 1952 folgten dann neben einem erneuten Einsatz dreier 356SL Alu-Coupés in Le Mans (wieder mit Klassensieg) weitere internationale Rennpremieren der Stuttgarter, z.B. bei der Mille Miglia (Klassensieg für Giovanni Lurani und Constantin von Berckheim) und zum Jahresende bei der Carrera Panamericana in Mexiko: Ein 356 Super mit 1,5 Liter-Motor startete dort als Cabriolet mit Paul Fürst Metternich und Manuel de Treffé (Nr. 11, Platz 25 in der Gesamtwertung), ein weiterer 356 Super fuhr als Coupé mit von Berckheim und dem jungen Herbert Linge (Nr. 10, ausgefallen). Beide Autos sind als 1/43-Bausätze von Arena erhältlich.
Damit war Porsche bei den wichtigsten internationalen Sportwagenrennen vertreten und in den Klassen 1100, 1300 und 1500ccm bereits sehr erfolgreich. Hinzu kamen weitere private Renneinsätze insbesondere in den USA, auch schon mit dem neuen 356 America Roadster.
1952 war also das erste internationale Jahr der jungen Stuttgarter Firma, mit vollem Einsatz auch im Bereich der Langstreckenrennen. 1953 folgte dann der nächste Schritt zum echten Rennsportwagen, dem Typ 550. Den 356 America Roadster gab es in den 1970er Jahren schon einmal als 1/43-Metallbausatz von Precision Miniatures, heute ist er von Matrix und Looksmart als Resine-Fertigmodell erhältlich, allerdings nicht als Rennsportversion.
1953: Während der Entwicklung des 550, etwa ab Mitte 1952 bis zum Renndebut im Mai 1953, liefen unter der Gesamtleitung des Porsche-Chefkonstrukteurs Karl Rabe zwei Prozesse parallel ab: Erstens entstanden das Mittelmotor-Chassis und die Karosserie des neuen Porsche auf Basis der Erfahrungen von Walter Glöckler und Hermann Ramelow, der beiden Schöpfer der Glöckler Rennsportwagen. Bei Wilhelm Hild, Leiter der Rennabteilung, liefen dabei die Fäden zusammen. Die beiden im ersten Rennjahr bei der Firma Weidenhausen gebauten Autos (Nr. 001 und 002) hatte noch Ähnlichkeit mit den jüngeren Glöckler Porsches (die wurden dort ebenfalls gebaut), sie waren aber etwas größer, vor allem breiter, und übernahmen einige Details, z.B. den Radstand, vom Serien-356. Simultan entstand ab Sommer 1952 der berühmte Doppelnockenwellen-Boxer „547“, der für Porsches ersten Rennsportwagen bestimmt war. Ernst Fuhrmann schaffte es (fast im Alleingang), diese komplexe Neukonstruktion bis Frühjahr 1953 auf die Beine zu stellen und anlässlich des Eifelrennens im August mit dem dritten 550 (Nr. 003) auf die ersten Nürburgring-Kilometer zu schicken. Da kannten weder die Motorpresse noch die Zuschauer die Details der neuen Rennmaschine, sie staunten nur über den neuartigen Sound und die deutlich höheren Drehzahlen im Vergleich zum bekannten 356-Motor. Die Premiere folgte dann aber – nach einem Kurzauftritt beim Bergpreis am Schauinsland (August 1953) – erst im Mai 1954 bei der Mille Miglia.
Für die Rennen 1953 entstanden also zunächst die beiden Fahrzeuge, die noch mit dem leicht frisierten 1,5 Liter-Motor aus der 356-Serie angetrieben wurden. Dieser Boxer mit einer zentralen Nockenwelle („OHV“) leistete im 356 Super ca. 70 PS, in Le Mans kam man bei handelsüblichem Benzin (damals von mäßiger Qualität) auf knapp 80 PS, und bei den kürzeren Rennen zur DSM erreichte man mit dort erlaubtem Rennbenzin über 90 PS. Die Karosserie entstand bei der Firma Weidenhausen als offene Version und wahlweise mit einem Coupé-Aufsatz (Le Mans, Avus).
Renneinsätze 1953, Deutsche Rennsportmeisterschaft (1,5 Liter Sportwagen):
Eifelrennen, Nürburgring 31. 5.: Nr. 001, Startnummer (SN) 131, offenes Fzg., Helm Glöckler, Sieger
Avus 12. 7.: Nr. 001, SN 131, Coupé, Helm Glöckler, Ausfall / Nr. 002, SN 132, Coupé, Hans Herrmann, Platz 2
Rheinland-Pfalz Preis, Nürburgring 2. 8.: Nr. 001, SN 131, offen, Helm Glöckler, Ausfall / Nr. 002, SN 132, offen, Hans Herrmann, Sieger
Schauinsland Bergpreis 9. 8.: Nr. 001, SN 131, offen, Helm Glöckler, Platz 4 / Nr. 002, SN 141, offen, Hans Herrmann, Sieger / Nr. 003, offen, mit dem neuen 547-Motor und neuer Karosserie, SN 140, Hans Stuck sen., Platz 3.
Nach dem Bergrennen wurden die beiden Prototypen 001 und 002 an Jaroslav Juhan (Guatemala) verkauft. Beim 1000 km Rennen auf dem Nürburgring Ende August 1953, dem deutschen Lauf zur Sportwagen-Weltmeisterschaft, war daher kein Werks-550 am Start, die beiden neuen Fahrzeuge (003 und 004) waren da noch nicht rennfertig.
Renneinsätze 1953, Sportwagen-Weltmeisterschaft:
Le Mans 14. 6.: Nr. 001, SN 44, Coupé, Helm Glöckler & Hans Herrmann, Platz 16 / Nr. 002, SN 45, Coupé, Richard von Frankenberg & Paul Frère, Platz 15 und Klassensieg 1,5 Ltr.
Carrera Panamericana 23. 11.: Nr. 001, SN 154, Jaroslav Juhan, ausgefallen / Nr. 002, SN 152, José Herrarte Ariano, Platz 32 und Klassensieg / Nr. 003, SN 159, Karl Kling, ausgefallen / Nr. 004, SN 160, Hans Herrmann, ausgefallen.
Die beiden neuen 550 (003, 004) entstanden im Juli/August 1953. Sie hatten 1953 noch den 1500 Super-Motor im Heck, aber bereits die für 1954 vorgesehenen neuen Karosserien, ein Entwurf von Erwin Komenda, die nun bei der Firma Weinsberg gefertigt wurden. In Mexiko fielen allerdings beide Werks-550 aus. Eines der beiden von Juhan privat eingesetzten ex-Le Mans-Coupés (002) konnte die Porsche-Bilanz dann noch halbwegs retten und die Klasse gewinnen, man kam aber im Gesamtklassement nur auf Rang 32.
Die beiden neuen 550er können anhand der Position der Zusatzleuchten unter dem Hauptscheinwerfer unterschieden werden: Bei der 003 lag diese Zusatzleuchte direkt unterhalb des Scheinwerfers, bei der 004 lag sie zur Mitte seitlich versetzt. Gelegentlich waren die beiden Autos in Mexiko mit Hupen versehen, auf vielen Originalfotos fehlen die Hupen aber, das kann man beim Modell also so oder so entscheiden.
1954: Das Jahr 1954 stellte für den 550 die erste volle Rennsaison dar. Für die Starts in der Sportwagen-WM, der DSM und anderen internationalen Rennen wurden vom Werk die Fahrzeuge 008 und 010 ff. eingesetzt (die Nr. 005-007 wurden in internationalen Ausstellungen präsentiert und fuhren danach in Privathand u.a. in Süd- und Nordamerika). Die Anfangsleistung des Fuhrmann-Motors lag Ende 1953 bei 110-115 PS, sie näherte sich über die Einsatzzeit des 550/550A bis 1958 schrittweise der Marke von 135 PS. Anfang 1954 erfuhr der 550 kleinere Änderungen, u.a. an der Hinterachs-Aufhängung, und er erhielt eine neue Karosserie von Weinsberg mit geänderter Fronthaube und anderer Anordnung der Grills auf der Heckpartie. Die Fronthaube war nicht so weit um die Front heruntergezogen wie bei den beiden 1953er Autos (003, 004).
Beim ersten Werkseinsatz der WM-Saison, der Mille Miglia Anfang Mai, startete der 550 mit dem 547-Motor (Fzg. 008) erstmals international, gefahren von Hans Herrmann mit Herbert Linge als Beifahrer. Das Auto stand das anspruchsvolle Rennen durch, holte den 1,5 Liter-Klassensieg und einen tollen Platz 6 in der Gesamtwertung.
Die WM-Jahresbilanz war beeindruckend: Die Werkswagen waren in den wichtigsten drei der sechs WM-Rennen am Start und holten jeweils den Klassensieg, in Le Mans allerdings mit viel Glück – technische Probleme ließen nur einen mäßigen 12. Platz im Gesamtklassement zu.
Dafür holte man sich auch bei den 12 Stunden von Reims (kein WM-Lauf) den Klassensieg. Und beim WM-Lauf in Buenos Aires gewann der privat eingesetzte 001 des Vorjahres, noch mit dem 356er Motor, seine Klasse. Am Ende des Jahres folgte dann der größte Saisonerfolg bei der letzten Carrera Panamericana: Klassensieg sowie Platz 3 und 4 in der Gesamtwertung.
1955: In der zweiten vollen Rennsaison des 550 mit dem 547-Rennmotor erhielt der Spyder eine neue Karosserie, wieder ein Entwurf von Erwin Komenda, gebaut bei der Firma Wendler: Kompakter, aerodynamisch verbessert (u.a. durch schräg gestellte Frontscheinwerfer) und insgesamt harmonischer als das Vorjahresmodell von Weinsberg. Der neue 550/1955 stellt für die meisten Rennsport- und Porsche-Anhänger die Idealform des Spyder dar.
Wie im Vorjahr waren die 550 Spyder als Werkswagen und im Privateinsatz weltweit omnipräsent: In der Sportwagen-WM, der DSM sowie einigen Rennen in Ostdeutschland, überall in Europa und natürlich auch in den USA. Im Rahmen der Sportwagen-WM nahm das Porsche-Werk an drei der sechs WM-Läufe teil (Mille Miglia, Le Mans, Tourist Trophy) und holte zwei Klassensiege.
Einen weiteren Klassensieg erreichte ein von Huschke von Hanstein gemeldeter Spyder bei der Tourist Trophy, der vermutlich ebenfalls vom Werk betreut wurde. Außerdem gewann ein privater 550 (Juhan) die Klasse in Buenos Aires und holte Platz 4 in der Gesamtwertung – wohl noch in der 1954er Form. Den größten Erfolg der Saison schafften Polensky und von Frankenberg mit dem Werks-550 in Le Mans: Platz 4 Gesamt, Klassensieg und Sieg in der Indexwertung.
In den Jahren, als die großen Sportwagen noch durch keinerlei Leistungsbeschränkungen eingebremst wurden und mit Motoren von 3 bis 5 Litern und Leistungen zwischen 250 und 350 PS unterwegs waren, schien es ausgeschlossen, dass höhere Platzierungen eines 1,5 Liter-Sportwagens mit knapp über 100 PS Leistung möglich sind.
1956: Im Verlauf des Jahres 1955 kam der Spyder trotz stetiger Weiterentwicklung langsam an seine Grenzen, weniger auf der Langstrecke, aber doch bei Rennen kürzerer Distanzen. In der Sportwagen-WM konnte man sich die zunehmend stärkeren Gegner in der kleinen Hubraumklasse, EMW (1956: AWM), Maserati, OSCA, Lotus oder Cooper, dank der ausgereiften Konstruktion, des professionellen Renneinsatzes und einer mittlerweile hochwertigen Fahrerriege noch vom Hals halten, aber bei den Sprintrennen wurde es langsam eng. Für 1956 musste die mittlerweile vier Jahre alte Konstruktion gründlich überarbeitet werden. Das Auto für die neue Saison hieß „550A“ alias „1500 RS“, ein Indiz für eine signifikante Revision des 1955er Spyder, aber auch für die Kontinuität der Werkswagen – man blieb vorerst in der 1,5 Liter-Klasse, und die Optik der weiterhin bei Wendler gefertigten Spyder-Karosserien blieb weitgehend erhalten.
Die wichtigste Änderung war der Wechsel vom einfachen Rohrrahmen zum modernen Gitterrohrrahmen nach dem Vorbild der Mercedes-Benz Rennwagen 1954/55. Die Hinterachse wurde modernisiert: von der normalen zur Eingelenk-Pendelachse (low pivot swing achsle). Das Getriebe hatte nun 5 Gänge, und das ganze Fahrzeug war um ca. 30-40 kg leichter. Erkennbar war der 550A gegenüber dem 550 des Vorjahres vor allem an den beiden Service-Klappen seitlich hinter dem Cockpit und der geänderten Position der beiden Lüftungsgitter am Heck.
Der erste 550A (Nr. 0101) trat Ende April bei der Mille Miglia zu seinem Renndebut an. Hans Herrmann und Copilot Werner Enz fielen allerdings aus, Porsche musste den Sieg in der 1,5-Liter Klasse einem OSCA überlassen. Die weiteren internationalen Starts der 550A-Werkswagen waren dagegen erfolgreich: Ende Mai beim 1000 km Rennen auf dem Nürburgring (WM-Lauf) mit den Plätzen 4 und 6 im Gesamtklassement und dem Klassensieg (von Trips und Maglioli mit dem immer noch unlackierten 0101), sowie Ende Juli in Le Mans (in diesem Jahr kein WM-Lauf) mit Platz 5 und Klassensieg für die 0103 (von Trips und von Frankenberg). Die beiden 550A traten hier mit einem Hardtop an.
Und dazwischen, am 10. Juni, der größte internationale Erfolg eines 550: Umberto Maglioli holte bei der Targa Florio mit der nun weiß lackierten Nr. 0101 den Gesamtsieg und schlug die Werksteams von Ferrari und Maserati – mehr dazu in einem Extra-Bericht.
Weitere Klassensiege in der Sportwagen-WM wurden in Sebring und in Schweden erzielt (jeweils noch mit dem 550 des Vorjahres), und auch bei den 1000 km von Paris und den 12 Stunden von Reims holten sich die Porsche Klassensiege.
Bericht zum Porsche 550 Michael May, Nürburgring 1956
1957 – die zweite Saison des 550A und das letzte Jahr ohne Hubraumbeschränkung bei den großen Rennsportwagen: Für Porsche war es in der Sportwagen-WM daher immer noch schwer, auf vordere Ränge vorzudringen. Andererseits blieb man auf der Langstrecke weiter die Nummer 1 in der 1,5 Liter-Klasse. Der 550A entsprach weitgehend dem Vorjahresmodell. Der FIA-Vorschrift folgend, fuhren die Spyder nun mit einer Aero-Kopfstütze hinter dem Fahrer, und die Pilotenriege wurde durch den ehemaligen EMW-Piloten Edgar Barth verstärkt.
Im Verlauf der Saison zündete Porsche die nächste Entwicklungsstufe des Spyder, nun unter dem Namen „718 RSK“ – mit einer flacheren und aerodynamisch verbesserten Karosserie sowie Änderungen am Fahrwerk und einer weiteren Leistungssteigerung auf über 140 PS. Der RSK trat erstmals im Mai zum Training am Nürburgring (1000 km Rennen) öffentlich auf, im Juni bildete ein RSK zusammen mit zwei 550A den Werkseinsatz in Le Mans (Ausfall durch Unfall). Es folgten Starts in der neuen Berg-Europameisterschaft, und am Saisonende schaffte ein RSK beim WM-Lauf in Venezuela immerhin einen 5. Platz Gesamt und den Sieg in der 2-Liter-Klasse. Zum Teil wurden dabei Motoren über 1,5 Liter eingesetzt (1,6 bzw. 1,7 Liter).
Zurück zum 550A: Die Bilanz zur Sportwagen-WM war 1957 nahezu makellos, jedenfalls in der kleinen Sportwagenklasse – z. T. auch aufgrund der mittlerweile zahlreichen Privateinsätze. So standen die 550A in allen sieben WM-Läufen am Start, darunter waren fünf Werkseinsätze. In sechs Rennen gewannen die Porsche Spyder die kleine Hubraumklasse, dreimal als Werkseinsatz (darunter ein Klassensieg des neuen RSK) und dreimal in Privathand. So rettete ein privater 550A die Bilanz in Le Mans, als alle drei Werkswagen ausfielen. Die beste Platzierung des Jahres im Gesamtklassement gelang einem 550A am Nürburgring – Platz 4 mit Maglioli und Barth.
1958: In den Jahren 1958-1961 kam Porsche den um Gesamtsiege konkurrierenden Herstellern, insbesondere Ferrari (250 TR) und Aston Martin (DBR1) etwas näher, da nun ein Hubraumlimit von 3 Litern galt. Allerdings schafften die Hubraum- und PS-Zahlen des Porsche Spyder nur ca. 50% der Werte der großen Rennsportwagen. Am Ende der sechs Rennen umfassenden Sportwagen-WM 1958 erreichte Porsche dennoch zusammen mit Aston Martin Platz 2 in der Endtabelle – man war nun endgültig im „Konzert der Großen“ angekommen. Ein Gesamtsieg wurde allerdings verpasst, Platz 2 bei der Targa Florio mit dem neuen RSK (Behra – Scarlatti) war das beste Einzelresultat.
Porsche baute 1958 zunehmend auf den 718 RSK, der in allen WM-Rennen (außer in Buenos Aires zum Saisonstart) eingesetzt wurde. Der bewährte 550A war aber noch bis zum vierten WM-Rennen (Nürburgring) zur Unterstützung („Backup“) als Werkswagen am Start. Parallel dazu und bei den letzten beiden WM-Rennen (Le Mans, Tourist Trophy) waren aber immer private 550A beteiligt. Das galt natürlich auch weiterhin für die US-Sportwagenszene sowie für kürzere Rennen in Deutschland und Europa oder bei der Bergeuropameisterschaft. Die stärkste Saisonleistung zeigte ein von Huschke von Hanstein eingesetzter 550A mit 1,6 Liter-Motor beim WM-Start in Buenos Aires im Januar 1958. Von Hanstein bot sich die Gelegenheit, die beiden Weltklassepiloten Stirling Moss und Jean Behra in einen 550A zu setzen, und diese schöpften das Potential dieses kleinen Autos auf ähnliche Weise aus wie Maglioli bei der Targa Florio zwei Jahre zuvor. Ergebnis: Platz 3 hinter zwei Ferrari Testa Rossa, aber in derselben Runde wie der Sieger!
War das – neben dem Platz 3 in Sebring 1958 – der Schlusspunkt der Karriere des 550, die sechs Jahre zuvor begann? Nicht ganz: Bei der Targa Florio 1959 folgte noch ein letztes Ausrufezeichen mit Platz 2 (Mahle – Strähle – Linge) hinter dem RSK von Barth und Seidel, der Porsche endlich seinen ersten Gesamtsieg in der Sportwagen-WM bescherte. 1959 und 1960 übernahmen dann endgültig der 718 RSK und der RS60 Porsches Werkseinsätze in der Weltmeisterschaft.
Technische Daten
Motor des 356 Super (für den Typ 550, Saison 1953): Motor Nr. 528, Vierzylinder-Boxermotor, luftgekühlt, 84x74mm=1488ccm Hubraum, zentrale Nockenwelle (OHV), Verdichtung 9:1, zwei Vergaser, 78 PS (mit Rennsprit über 90 PS)
„Fuhrmann-Motor“ (Nr. 547, Renneinsatz im Typ 550 ab 1954): Vierzylinder-Boxermotor (Leichtmetall), luftgekühlt, 85x66mm=1498ccm Hubraum, Verdichtung 9,5:1, je zwei obenliegende Nockenwellen (2 OHC), Steuerung durch Königswellen, Doppelzündung, Trockensumpfschmierung, zwei Doppelvergaser, Anfangsleistung 110 PS (7500 U/min), später bis zu 125 PS, vier Gänge. Rohrrahmen (Leiterrahmen), Drehstabfederung, Pendelachse hinten, Trommelbremsen, Reifen vorn 5,00×16 / hinten 5,25×16, Radstand 2100mm wie beim 356, Länge 3600mm, Breite 1550mm, Leergewicht 590 kg.
Abweichende Daten beim 550A (ab 1956): Motorleistung (1956/57) 130 bis 135 PS (7200 U/min) , Verdichtung 9,8:1, Einsatz auch mit 1,6 oder 1,7 Liter-Motoren, fünf Gänge, Gitterrohrrahmen, Eingelenk-Pendelachse („low pivot swing achsle“), Leergewicht 540 kg.
Produzierte Stückzahlen (lt. Porsche Newsroom „Christophorus“): 550 (89), 550A (40), RSK (34)
Modelle in 1/43 (Stand 2023)
Eine Übersicht über die Modelle der verschiedenen 550-Varianten der Jahre 1953-1958 kann hier aufgerufen werden. Ein 1/43-Modell gab es schon in der Diecast-Frühzeit: Das „Ur-Modell“, das etwa dem 1954er Spyder entspricht, wurde damals in der berühmten Solido „Serie 100“ Ende der 1950er/Anfang der 1960er Jahre produziert. Er kam dann später auch unter dem Label „Dalia Solido“ auf den Markt. Einige andere Hersteller übernahmen die Solido-Karosserie als Nachguss, so gab es schon in den 1970er Jahren Bausätze von Classic Cars und Modellos3J nach dem Solido-Vorbild.
Unter älteren Diecast-/Resincast-Herstellern findet man in der Übersicht mehrfach Jolly Models oder Brumm, die aber heutigen Qualitätsmaßstäben nicht mehr gerecht werden, zumal es mittlerweile bessere, auch aktuelle Angebote gibt (sofern man Bausätze mit einschließt). Tatsächlich gab es in den 1980er/1990er Jahren, in der Blütezeit der 1/43-Kleinserienmodelle und -bausätze, sehr schöne Spyder-Modelle von Vroom, Starter, Provence Moulage und Leader (eine BBR-Serie). Neuere Diecast-Angebote folgten von Schuco und Best, und in den letzten Jahren haben sich True Scale und Spark mit dem Thema 550 (und 718 RSK) befasst, mit sehr schönen Modellen, bei denen allerdings manchmal die zu breiten Reifen stören. Die jüngsten Spark-Entwicklungen (2023) sind die 550 und 550A Spyder von Le Mans 1954 und 1957 sowie der 550A der Targa Florio 1956. Weitere Lücken werden hoffentlich bald geschlossen.
Quellen
Siehe Rubrik „Über diese Seite“ → „Anmerkungen zu Minerva Endurance“
Einige für diesen Bericht häufig genutzte Bücher:
Brian Long, Porsche Racing Cars 1953 to 1975, Veloce Publishing, 2008 / Antony Pritchard, Directory of Classic Prototypes and Grand Touring Cars, Aston Publications, 1987 / Quentin Spurring, Le Mans The Official History of the World´s Greatest Motor Race, 1949-59, Haynes Publ., Sparkford 2011 / Daryl E. Murphy, Carrera Panamericana – History of the Mexican Road Race 1950-1954, Motorbooks International, 1993 / Dominique Pascal, Porsche in Le Mans, EFB, 1985 / Jerry Sloniger, Porsche – The 4-Cylinder, 4-Cam Sports & Racing Cars, Dean Batchelor Publ., Reno 1977 / Reinald Schumann, Motorsport in Deutschland 1945-1955, Vom Eigenbau zum Silberpfeil, Motorbuch Verlag 1992
Diverse Berichte in Journals, u.a.: „Der Spyder“ in Motor Klassik 10/1993
Webseiten (u.a.): Racingsportscars, Ultimatecarpage, Type550.com