Henri Pescarolo – die Le Mans Legende

„Ohne ihn würde das Rennen gar nicht gestartet.“ (Eurosport, Le Mans 1999)

Matra MS 670, Le Mans 1972, Sieger (Pescarolo – Graham Hill), Modell: Solido

Im Juni 1999 stand Henri Pescarolo zum 33. Mal in Le Mans am Start, seit 1966 nahm er mit einer Ausnahme (1969) ohne Unterbrechung als Pilot am Rennen teil. Und seine Passion für die 24 Stunden war da noch lange nicht aufgebraucht: Es folgten bis 2003 vier Starts als Teamchef mit Courage-Prototypen und weitere acht Starts mit seinen auf den Courage-Autos basierenden eigenen Pescarolo-Konstruktionen (bis 2012) – zusammen also eine Zeitspanne von 47 Jahren. Und natürlich ist Henri auch in den Jahren danach bis heute (2023) regelmäßig Gast in Le Mans, meist in journalistischer Funktion. Kein regelmäßiger Le Mans-Besucher, der ihn nicht sofort erkennt, und alle Franzosen unter den Zuschauern lieben ihn sowieso: Den Titel „Le Mans Legende“ hat sich kaum ein anderer so verdient wie er (der Zusatz „Monsieur Le Mans“ war ja schon an Jacky Ickx vergeben).

33 Starts als Pilot sind 2023 immer noch Le Mans-Rekord. Der Mann mit dem grünen Helm, „le indomptable“, verpasste in seiner aktiven Zeit 1966 bis 2012 nur zwei Rennen: 1969 verunglückte er bei Testfahrten für Le Mans mit dem neuen Matra 640 Coupé schwer und zog sich dabei u. a. schwere Verbrennungen auch im Gesicht zu (wurde seitdem Bartträger), als der aerodynamisch kritische Neubau auf einem abgesperrten Teilstück einer französischen Autobahn abhob und danach total ausbrannte. Und 2010 erhielten seine beiden Einsatzfahrzeuge, die rennbereit nur ein paar 100 Meter entfernt vom Boxenbereich in seiner „Pescarolo Sport“-Werkstatt standen, ein Einsatzverbot aufgrund ungeklärter Finanz- und Vertragsprobleme.

Der Bericht hat im ersten Teil die Rennkarriere von Henri Pescarolo – als Pilot und als Rennstallbesitzer – zum Thema. Im zweiten Teil werden noch Modelle einiger Matra-Rennsportwagen der Jahre 1966 bis 1974 gezeigt, die nicht von Pescarolo gefahren wurden.

Pescarolo – Pilot und Chef von „Pescarolo Sport“:

Geboren September 1942 in Paris (Henri Jacques William). Erste Rennen im Monoposto (F3) ab 1964. 1966/67 Erfolge im Matra F3. Formel 1-Einstieg 1968 mit Matra. Insgesamt 57 Formel 1-Starts bis 1976 (Matra, Williams, March, BRM) ohne wirklich zählbare Ergebnisse (nur ein Podiumsplatz).

Sportwagen ab 1966: Debut in Le Mans mit dem Matra BRM M620.

Matra BRM in Le Mans 1966 und 1967: rechts 1966 Matra M620, hier das Auto von Beltoise und Servoz-Gavin (Modell: Mini Racing); links 1967 Matra M630, Kopilot Jaussaud, Top Model

Matra M630 mit Matra V12-Motor, Le Mans 1968, Kopilot Servoz-Gavin, Modell: JPS

Matra MS 650, Buenos Aires 1970, 1. (Kopilot Beltoise), Modell: Solido

Matra MS 660, Le Mans 1970, Kopilot Beltoise (Modell: DAM)

Le Mans-Starts mit Matra (bis 1974), Porsche, Rondeau und Cougar/Courage sowie vereinzelt mit Ferrari, Ligier, Lancia, Sauber Mercedes und Jaguar. Vier Siege in Le Mans: Hattrick mit Matra 1972-1974 (Kopiloten Graham Hill und zweimal Gerard Larrousse) sowie 1984 mit Porsche (Joest 956, mit Klaus Ludwig).

22 Siege in Langstreckenrennen in der Zeit 1971 bis 1991, darunter die vier Le Mans-Erfolge und ein Sieg in Daytona (24 Stunden) im Jahr 1991. In der von Minerva vorgenommenen Statistik aller Langstreckenrennen seit dem Krieg (1947 bis 2021, siehe Bericht) liegt er – gemessen an der Zahl der Siege – auf Platz drei hinter Jacky Ickx und Derek Bell, in der Minerva-Punktwertung für das Fahrer-Ranking erreicht er Platz acht.

Kommentar des Herausgebers: Bemerkenswert ist dabei übrigens, dass in der Minerva-Liste der 20 punktbesten Langstrecken-Piloten der Jahre ab 1947 nur zwei Fahrer auftauchen, denen gleichzeitig eine erfolgreiche Formel 1-Karriere gelang – Jacky Ickx und Stirling Moss – die beiden größten „Allround-Piloten“ dieser Zeitspanne. Danach könnte man noch Phil Hill und Jochen Mass nennen, alle anderen – auch Pescarolo – konnten in der Formel 1 kaum dauerhaft Fuß fassen. Und doch erreichten Persönlichkeiten wie Kristensen, Bell, McNish oder Wollek höchstes Ansehen in der Motorsportwelt und darüber hinaus. Allen diesen Endurance-Stars gemeinsam ist die Feststellung, dass ihr Talent völlig unterbewertet wäre, würde man die Messlatte zuvorderst an ihren Erfolgen in der Formel 1 anlegen. Wir sollten daraus keine falschen Schlüsse ziehen: Fahrer wie Hans Stuck, Bernd Schneider, Tom Kristensen, Alan McNish, Antony Davidson, André Lotterer oder Loïc Duval hätten in konkurrenzfähigen Teams vermutlich eine erfolgreiche Formel 1-Karriere hingelegt. Insofern stellen Portraits bekannter Piloten, die man im Internet findet (Wikipedia und andere Webseiten), und die sich oft einseitig auf die Formel 1-Karriere verengen, nicht selten ein schiefes, ja unzutreffendes Bild von Fahrern dar, die ihre größeren Erfolge z.B. im Endurance- oder im Tourenwagensport erzielt haben.

22 Siege in Langstreckenrennen, darunter vier Le Mans-Siege – Pescarolo war also nicht nur in seinem „Wohnzimmer“ erfolgreich, sondern auch in der internationalen Endurance-Szene. Die erfolgreichste Zeit waren sicher seine beiden Jahre mit Matra 1973 und 1974: In dieser Zeit traten die Matra 670 regelmäßig bei den Rennen zur Sportwagen-WM an, 1973 noch im Duell mit dem Ferrari 312PB (dem Weltmeister 1972), 1974 dann allerdings ohne gleichwertige Konkurrenz. Matra schaffte 1973/74 14 Siege in den 19 WM-Rennen, an denen die Franzosen teilnahmen. Pescarolo holte sich dabei mit seinem Stammpartner Gerard Larrousse 1973 alle fünf Matra-Siege, und 1974 schaffte diese Paarung vier der neun Matra-Erfolge, die beiden Le Mans-Siege 1973 und 1974 eingeschlossen. In beiden Jahren hätte sich das Team Pescarolo-Larrousse den Fahrer-WM-Titel geholt.

Matra MS 670B, Le Mans 1973, Sieger, Kopilot Larrousse. Modell von Provence Moulage

Matra MS 670B und Ferrari 312PB, Duell in Le Mans 1973 (Modelle von Provence Moulage und Styling/BBR)

Matra MS 670B, Le Mans 1974, Sieger (Kopilot Larrousse), Modell von IXO

Matra MS 670B, Watkins Glen 1973, Sieger, Kopilot Larrousse. Modell von Spark

Weitere Langstrecken-Gesamtsiege folgten mit dem Alfa Romeo 33TT12 des Kauhsen-Teams (1975), mit dem Kremer Porsche 935 (1978), dem Rondeau (1982, erster WM-Sieg eines Gruppe C-Fahrzeugs) und 1986 am Nürburgring mit dem ersten WM-Sieg für Sauber Mercedes sowie schließlich 1991 in Daytona mit dem Joest Team.

Alfa Romeo 33 TT12, Spa 1975, Sieger, Kopilot Bell, Modell von Brumm

Inaltera Ford, Le Mans 1976, Platz 8, Kopilot Beltoise, Modell von Equipe (John Day)

Rondeau Ford M379, Le Mans 1979, Platz 10, Kopilot Beltoise, Modell: Quartzo

Rondeau Ford M382C, Monza 1982, Sieger, Kopiloten Francia, Rondeau, Modell von Silhouette

Porsche 956B (Joest Racing), Le Mans 1984, Sieger. Kopilot Ludwig, Modell von Spark

Sauber Mercedes C8, Le Mans 1986, Kopiloten Danner und Quester, Modell von Starter

Porsche 962C (Joest Racing), Daytona 24 Hours 1991, Sieger, Modell von Starter (mehrere Kopiloten)

Cougar Porsche C28LM, Le Mans 1992, Platz 6, Kopiloten Wollek und Ricci, Modell von DAM

Courage Chevrolet C41, Le Mans 1995, Kopiloten Bernard, Lagorce, Modell von Spark

Pescarolo in Spa 1973: In den 1980er und 1990er Jahren galt Henri Pescarolo allgemein als zuverlässiger, technisch versierter, aber nicht unbedingt superschneller Langstrecken-Pilot. Diese Einschätzung traf für die 1970er Jahre aber keineswegs zu – hier nur ein Beispiel: 1000 km von Spa 1973.

Auf dem alten, extrem schnellen und heiklen 14 km-Kurs fuhren bis 1970 die Formel 1 und bis 1975 die Sportwagen, danach war diese wunderschöne, aber gefährliche Rennstrecke nicht mehr im WM-Programm. Die beste Formel 1-Zeit lag am Ende bei 3:27,4 für die schnellste Runde beim WM-Lauf 1970. Dann kamen die fabelhaften Porsche 917. Sie erreichten 1971 in der Spitze eine um 13 Sekunden (!) schnellere Rundenzeit (Siffert, 3:14,6, Durchschnitt 261 km/h, schnellste Runde beim 1000 km Rennen). Diese Fabelzeit galt danach unter Experten als unantastbar.

Beim 1000 km-Rennen 1973 wurden sie dann eines Besseren belehrt: Spa-Experte Jacky Ickx, damals der anerkannt schnellste Sportwagenpilot, fuhr im Training mit dem Ferrari 312PB sagenhafte 3:12,7, ein Schnitt von furchterregenden 263 km/h, Pescarolo lag als bester Matra-Pilot mit 3:13,8 nur knapp dahinter. Und im Rennen war Henri nochmals etwas schneller – 3:13,4, schnellste Rennrunde auf dem alten Kurs, nun tatsächlich eine Zeit „für die Ewigkeit“, die man, wenn man die alte Spa-Runde Kurs halbwegs kennt, eigentlich kaum für möglich halten konnte.

Teamchef nach der Karriere als Pilot: „Pescarolo Sport“

Nach Henris Abschied als Fahrer holte sich das Team „Pescarolo Sport“ mit den LMP-Sportwagen zweimal den Titel in der Le Mans-Serie, jeweils mit den Fahrern Collard und Boullion: 2005 („Le Mans Endurance Series“ bzw. LMES) mit zwei Einzelsiegen in fünf Rennen, und 2006 („Le Mans Series“ bzw. LMS) mit fünf Einzelsiegen in fünf Rennen. 2007 schaffte man noch Platz 2 hinter Peugeot.

Auch in Le Mans war das Pescarolo Team erfolgreich, ein Gesamtsieg gegen das in den Jahren 2000-2006 dominierende Audi Werksteam (plus Bentley 2003) gelang allerdings nicht. In den Jahren 2000 bis 2003 trat Pescarolo viermal mit Courage-LMP-Sportwagen an und schaffte 2000 Platz vier hinter den drei Werks-Audi. Ab 2004 verbesserte das Team seine Courage C60 aerodynamisch und rüstete sie mit Judd- anstelle der Peugeot-Motoren aus. In den meisten Quellen werden sie „Pescarolo C60“ genannt, ab 2007 wurde daraus „Pescarolo 01“. 2004 bis 2008 – fünf Jahre in Folge – holte das Team in Le Mans den inoffiziellen Titel „Bester Benziner“ hinter den Diesel-Autos von Audi und ab 2007 auch Peugeot.

Dem Traum vom Gesamtsieg in Le Mans kam man 2005 am nächsten: Die drei privat eingesetzten Audi R8 wurden reglementbedingt etwas eingebremst, so dass die beiden C60 auf Augenhöhe antraten. Am Ende wurde einer der beiden Pescarolo nur knapp geschlagen Zweiter. 2006 holte man mit dem C60 erneut Platz zwei hinter dem neuen Audi R10 TDI sowie Platz 5. Und auch 2007 erreichte man in Le Mans einen schönen Erfolg: Der „Pescarolo 01“ holte Platz drei hinter einem Audi R10 und einem der neuen Peugeot 908.

Courage Peugeot C52 (Pescarolo Sport), Le Mans 2000, Platz 4. Bourdais-Grouillard-Clerico. Modell: Spark

Courage Peugeot C60 (Pescarolo Sport), Le Mans 2003, Platz 8. Boullion-Lagorce-Sarrazin. Modell: Spark

Pescarolo Judd C60, Le Mans 2005, Platz 2. Collard-Boullion-Comas. Modell: Spark

Pescarolo Judd C60, Le Mans 2007, Platz 3. Collard-Boullion-Dumas. Modell: Spark

Mittlerweile wurden die „Pescarolo 01“ Prototypen auch an Privatteams verkauft. Ein privater LMP1 holte 2007 in Le Mans Platz vier, und mehrere Pescarolo Chassis traten ab 2007 erfolgreich in der LMP2-Klasse an.

Die letzten Jahre (2009-2012): Pleiten, Pech und Pannen

Mit den Erfolgen von Pescarolo Sport erweiterte sich also auch das Engagement des Rennstalls, einerseits durch den Bau und die Betreuung von LMP1- und LMP2-Autos für Privatteams, andererseits durch die Gelegenheit, 2009 in Le Mans einen Peugeot 908 einzusetzen und so das Werksteam im Kampf um den Gesamtsieg zu unterstützen. Damit würde sich die Chance einer zukünftigen Zusammenarbeit als Einsatzteam für Peugeot eröffnen. Da erschien es logisch und wohl auch unvermeidlich, finanzkräftige Partner mit ins Boot zu holen. So wurde Pescarolos Rennstall an „Sora Composites“ verkauft, und in Le Mans 2009 trat man sowohl mit eigenem Judd-Benziner als auch mit einem von Peugeot gestellten 908 an. Das halbwegs zufriedenstellende Resultat für den Pescarolo 01 wurde von Benoît Tréluyers schwerem Unfall im Peugeot überschattet. Der Peugeot wurde dabei völlig zerstört, wodurch sich die finanzielle Situation des Teams drastisch verschlechterte. Zudem bekam nicht Pescarolo, sondern Oreca den Zuschlag als Einsatzteam für den vierten Peugeot in Le Mans 2010.

Im Frühjahr 2010 zogen sich zwei Partner des für Le Mans geschnürten Finanzpakets zurück, und Pescarolo musste seine Nennung für das Rennen streichen. Seine beiden LMP1 durften das Firmengelände nicht verlassen, Pescarolos Rennstall wurde aufgelöst. Zwei alte Freunde kauften die Autos plus Zubehör auf und boten Pescarolo für 2011 an, zumindest ein Auto in Le Mans und in der LMS (Le Mans Series) einzusetzen. Wenn man aber kein Glück hat, kommt oft noch das Pech hinzu. Der Pescarolo 01 lag in Le Mans zwei Stunden vor Schluss im Windschatten des großen Duells Audi gegen Peugeot auf einem tollen fünften Platz – wieder als bester Benziner im Feld – dann zerschellte das Auto mit Collard am Steuer auf nasser Piste in den Porsche-Kurven. Immerhin: In der LMS war man wieder erfolgreich – ein letztes Mal.

Mit der Saison 2012 kam dann das Ende von Pescarolo Sport: Nach einem letzten Auftritt des Pescarolo 01 in Sebring (Platz 6) setzte man in Le Mans den Pescarolo 03 ein, bei dem das Chassis und die Karosserie vom erfolglosen Aston Martin AMR-One des Vorjahres übernommen wurde, nun aber mit dem bewährten Judd-Motor als Antriebsquelle. Das Auto schaffte allerdings nur 20 Runden, immerhin 18 bzw. 16 Runden mehr als der Original-Aston des Vorjahres. Auch der zusätzlich von Pescarolo eingesetzte Dome Judd lieferte eine traurige Vorstellung, schaffte am Ende nur 200 Runden und wurde damit nicht klassiert. Danach meldeten sich die Finanzprobleme wieder, und zum Jahresende war dann Schluss, Pescarolo Sport wurde liquidiert und Henri Pescarolo verabschiedete sich vom aktiven Rennbetrieb. Er blieb aber den Le Mans- und Sportwagenfans bis heute (2023) als Experte in Print- und Funkmedien und natürlich als Besucher des Rennens erhalten.

Die folgende Tabelle stellt noch einmal alle Starts von Pescarolo in Le Mans zusammen, sowohl als Pilot als auch als Chef seines eigenen Rennstalls. Außerdem werden zu jedem Le Mans-Auto aktuelle und frühere Hersteller von 1/43-Modellen genannt (Stand 2023). Eine „Pescarolo-Modellsammlung“, z.B. aller von ihm in Le Mans gefahrenen oder von Pescarolo Sport eingesetzten Autos, liefert ein buntes Bild unterschiedlichster Fahrzeuge, vom Matra und Rondeau über diverse Gruppe C-Fabrikate (Lancia, Porsche, Sauber Mercedes, Jaguar, Cougar) bis zu den LMP-Autos von Courage und seinen eigenen Konstruktionen – und alle Pescarolo-Autos waren oder sind als 1/43-Modelle produziert worden. So besteht die Chance einer lückenlosen Sammlung.

Und die Geschichte ist doch noch nicht zu Ende. Meldung vom August 2023 (u.a. in „Motorsport-Total“): „Pescarolo vor Comeback: WEC-Programm 2024 mit Peugeot geplant“. Pescarolo Sport hat sich offenbar dem Hypercar-Programm von Peugeot angeschlossen, man will 2024 mindestens einen Peugeot 9X8 einsetzen. 58 Jahre nach seinem Debut mit einem Matra BRM kehrt die Le Mans-Legende vielleicht wieder als Chef des Einsatzteams an seine geliebte Wirkungsstätte zurück.

Matra – Rennsportwagen 1966 bis 1974

„Matra Sports“ war ein Tochterunternehmen des Matra Konzerns, der in den 1940er Jahren gegründet wurde (Mécanique Avion Traction = MATRA). 1964 übernahm Matra Sports den Chassis-Hersteller „Bonnet“, ehemals „Deutsch-Bonnet“ (DB). DB-Rennsportwagen starteten in den 1950er Jahren in Le Mans in der kleinsten Hubraumklasse, „Automobiles René Bonnet“ fuhren dort 1962-1964 ebenfalls in der unteren Klasse. Unter dem jungen, dynamischen Geschäftsführer Jean-Luc Legardère und dem Konstrukteur Gérard Ducarouge lief 1965 ein ehrgeiziges Motorsport-Programm vom Stapel, mit dem Ziel, die Formel 1 und Le Mans zu gewinnen.

Man begann ab 1965 mit Formel 3-Autos, Typen „M1“ bzw. „MS1“ und danach „MS5“, angetrieben von 1-Liter Ford-Motoren aus England (Anmerkung: In den Quellen werden die Fahrzeuge entweder „M1“=Matra 1 oder „MS1“= Matra Sports 1 genannt, das gilt ebenso für die nachfolgenden Rennfahrzeuge bis 1968). Mit den Formel 3- und ab 1966 den Formel 2-Einsätzen förderte Matra eine Reihe junger französischer Talente, u.a. Beltoise, Jaussaud, Servoz-Gavin, Jabouille oder Pescarolo, die im Zuge der Matra-Erfolge den Weg in die Formel 1- oder Sportwagen-Weltklasse fanden. Die Formel 2-Autos („MS6“ und „MS7“) waren ebenfalls mit Ford Cosworth-Motoren ausgerüstet (mit 1,6 Litern Hubraum) und in den Jahren 1966 bis 1969 sehr erfolgreich. 1968 stieg man dann wie geplant in die Formel 1 ein, mit dem „MS10“, der mit dem Ford Cosworth-Motor fuhr, und parallel mit dem „MS11“, der den neu konstruierten fabelhaften Matra-V12 im Heck hatte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Der Weg zum Le Mans-Sieg begann 1966 mit dem Matra M620, der noch mit einem Fremdaggregat unterwegs war (BRM V8, aus der ehemaligen 1,5 Liter-Formel 1, vergrößert auf 2 Liter Hubraum). Ein Zweiwagen-Team fuhr 1966 und 1967 in Le Mans mit dem 620 BRM bzw. dem 630 BRM. 1968 bekam der Le Mans-Prototyp dann den 3-Liter-V12 als Antriebsquelle (Typ M630), er feierte seine Premiere im Herbst in Le Mans. Es folgten jährliche Weiterentwicklungen, ab 1970 unter dem neuen Markennamen „Matra Simca“: MS650 (1969), MS660 (1970/71), MS670 (1972), MS670B (1973), MS670C (1974) und schließlich MS680 (1974). Nach zwei Sportwagen-Weltmeisterschaften 1973 und 1974 und drei Le Mans-Siegen 1972-1974 verabschiedete sich Matra Sports dann aus der Endurance- und Le Mans-Szene.

Matra BRM M620, Le Mans 1966 (Beltoise – Servoz-Gavin), Modell: Mini Racing

Matra 630, Le Mans 1969 (Vaccarella-Guichet), Platz 5 (Bizarre)

Matra MS 650, Le Mans 1969 (Beltoise-Courage), Platz 4 (Spark)

Matra MS 650, Tour de France 1970, Sieger (Depailler-Beltoise-Todt), Bausatz von TeamT

Matra MS 650, Brands Hatch 1970, Beltoise-Brabham (Modell: Spark, neu im Herbst 2024)

Nürburgring 1000 km 1973: links Ferrari 312PB (Ickx-Redman, Sieger), Modell von FDS; rechts Matra MS 670B (Beltoise-Cevert), Provence Moulage

Matra MS 670C, Watkins Glen 1974, Sieger (Jarier-Beltoise), Modell: MRF (Metallbausatz von 1980)

Matra MS 680, Le Mans 1974 (Beltoise-Jarier), Modell: Bizarre

Herbst 2023 – neue Modelle von Spark (angekündigt): Matra MS 650, Tour de France 1970 (Platz 1 und 2); Matra MS 650, Brands Hatch 1970 (Brabham-Beltoise), mit Front- und Heckflügel; Matra MS 650, Sebring 1970, Gurney-Cevert; Matra MS 650, Le Mans 1970, Nr. 30 und Nr. 32 (Langheck).

Weitere Modellwünsche: Matra MS 670C, Kurzheck-Version 1974

Quellen:

Siehe Rubrik „Über diese Seite“ → „Anmerkungen zu Minerva Endurance“

Für den Bericht wurden insbesondere die folgenden Bücher genutzt:

Automobile Club de l´Ouest (Hrsg.), 24 Stunden von Le Mans, Die offizielle Chronik des berühmtesten Langstreckenrennens (2 Bände), Heel, 2010

Anthony Pritchard, Directory of Classic Prototypes and Grand Touring Cars, Aston Publications, 1987

Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1960-1969, Haynes Publ., 2008

Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1970-1979, Haynes Publ., 2009

Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1960-1969, Volume Two, Behemoth Publ., 2016

Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1980-1989, Behemoth Publ., 2018

Quentin Spurring, Le Mans The Official History of the World´s Greatest Motor Race, 1960-69, Haynes Publ., Sparkford 2010

Quentin Spurring, Le Mans The Official History of the World´s Greatest Motor Race, 1970-79, Evro Publ., Sherborne, 2011

Quentin Spurring, Le Mans The Official History of the World´s Greatest Motor Race, 1980-89, Evro Publ., Sherborne, 2012

Quentin Spurring, Le Mans The Official History of the World´s Greatest Motor Race, 1990-99, Evro Publ., Sherborne, 2014

Webseiten, Le Mans-Modelle in 1:43 – „lm24database“, „mygcam“

Webseiten zu Pescarolo und Matra (u.a.): Racingsportcars, Ultimatecarpage; Wikpedia-Seiten: „Henri Pescarolo“, „Matra Sports“, „Pescarolo Sport“

Journals: Automodelisme, diverse Ausgaben (Nr. 68, 84, 88, 89, 95, 97) und insbesondere Ausgabe Nr. 235: „Henri Pescarolo au 1/43“ (viele Modellfotos, französischer Kommentar)

 

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