Die goldenen Jahre der Gruppe C (Bericht von 2019)
1982 begann die Epoche des Gruppe C-Reglements, das bis 1992 der Weltmeisterschaft für Sportwagen zugrunde lag. Allerdings kann man die Jahre der Gruppe C in zwei Teilperioden gliedern: 1982-1988 – die „echte“ Gruppe C-Phase, überwiegend mit Langstreckenrennen, und 1989-1992 – die Phase, in der sich die typischen Merkmale der Gruppe C-Endurance Rennen zunehmend auflösten.
Die WM war bis 1984 für Hersteller und Fahrer ausgelegt. Ab 1985 wurde sie dann statt für Hersteller nun für Rennteams ausgeschrieben, und ab 1986 kamen auch kürzere Distanzen als die üblichen 1000 km (oder 6 Stunden) ins Programm. Von 1989 an waren mittlere Distanzen um 500 km dann sogar die Regel, und am Ende wurde die Grundidee der Gruppe C als Verbrauchsformel zugunsten einer 3,5 Liter-Formel aufgegeben – die letzten Jahre der Gruppe C sind Gegenstand der 10. Episode (1989-1992).
Kern des Gruppe C-Reglements der FISA (Motorsportbehörde der FIA) war die damals höchst moderne Verbrauchsbeschränkung: Anfangs war der Verbrauch effektiv auf 60 Liter pro 100 km begrenzt, 1985 wurde das Limit auf 51 Liter reduziert. Die im Reglement vorgeschriebenen Abmessungen und die Einführung des aus der Formel 1 bekannten „Ground Effects“ für die Sportwagen sprachen eindeutig für geschlossene Fahrzeuge. Das Mindestgewicht lag bei 800 kg (ab 1985: 850 kg). Es gab keine Serienanforderung, d.h. die Fahrzeuge waren Prototypen, und der Antriebsstrang war weitgehend freigestellt – die Ingenieure hatten hier freie Hand. Allerdings musste der Motor von einem Hersteller stammen, bei dem ein Auto als Gruppe A- oder Gruppe B-Fahrzeug homologiert war. Unterhalb der Gruppe C bzw. C1 wurde ab 1983 eine kleinere Klasse „C Junior“ bzw. „C2“ für Privatteams geschaffen.
Parallel zur Gruppe C-WM fanden die Sportwagenrennen in Nordamerika im Rahmen der „IMSA“-Serie statt, darunter die Endurance-Klassiker Daytona und Sebring sowie weitere Langstrecken- und Sprintrennen. Die Reglements (FIA-Gruppe C bzw. IMSA-Klasse GTP) waren nicht identisch, die IMSA-Formel hatte u. a. kein Verbrauchslimit. So musste z. B. Porsche neben dem Gruppe C-Fahrzeug ein spezielles IMSA-Fahrzeug (Typ 962) entwickeln, man war dann aber ab 1984 mit dem 962 auch dort sehr erfolgreich.
Die Jahre 1982 bis 1988 im Überblick
Der Start in die neue Zeit verlief durch den tiefen Einschnitt ins Sportwagenreglement und die sehr späte Festlegung der Regeln schleppend, die Felder sollten daher – so die Idee der FIA – noch mit den „alten“ Gruppe 5- und Gruppe 6-Fahrzeugen aufgefüllt werden, die in der Markenwertung keine Punkte sammeln durften (wohl aber in der Fahrerwertung). Das erste Jahr 1982 war durch eine große Vielfalt interessanter Neukonstruktionen, aber auch durch starke Unterschiede in Zuverlässigkeit und Professionalität gekennzeichnet. Spätestens ab Le Mans 1982 wurde aber schnell deutlich, dass der neu entwickelte Porsche 956 und die ab 1983 zahlreich an professionelle Teams verkauften privaten 956 das Maß aller Dinge waren.
Ein wenig Statistik: Selten war ein Rennfahrzeug gemessen an den Resultaten so überlegen wie der 956 bzw. ab 1985 der 962C bzw. 962 IMSA in den Jahren 1983-1986: In den 44 Langstreckenrennen der Marken- und Fahrer-WM sowie Daytona und Sebring blieben die 956/962 38mal siegreich und erreichten 109 der 132 Podiumsplätze 1, 2 oder 3 (eine Quote von über 82%). Über den gesamten Zeitraum 1982 bis 1988 lag die Quote insbesondere durch die beiden von Jaguar geprägten Jahre 1987 und 1988 etwas niedriger, war aber immer noch beeindruckend: In diesen sieben Jahren fanden 61 Endurance-Rennen mit WM-Status sowie 14 IMSA-Klassiker Daytona und Sebring statt, zusammen also 75 hier berücksichtigte Langstreckenrennen (siehe Ergebnistabellen). Porsche gewann 49mal (Quote 65%), gefolgt von Jaguar (14 Siege), Lancia (6) und Sauber Mercedes (4). Bei den Podiumsplätzen sieht es ähnlich aus: Porsche holte 160 der 225 Plätze 1, 2, 3 (Quote: 71%), Jaguar 25, Lancia 18 und Sauber Mercedes 8. Bei den 31 Endurance-Rennen der IMSA-Serie (mindestens 6 Stunden oder 500 Meilen) war Porsche mit den Typen 935 und 962 ebenfalls die überlegene Marke. In der Zeit 1982 bis 1988 gewann man 22 dieser Rennen (Quote 71%).
In der Gruppe C war Porsches Hauptkonkurrent der ersten Jahre der Lancia LC2. Die Lancias wurden 1983 bis Anfang 1986 eingesetzt und waren 1984/1985 gleich schnell wie die Werks-Porsche, im Training manches Mal sogar schneller, aber Zuverlässigkeit, Renntaktik und Verbrauchseffizienz waren bei Porsche einfach besser. So gewann das Porsche-Werk die Marken- bzw. Team-Titel 1983-1985 ganz überlegen, nachdem die Weltmeisterschaft 1982 noch äußerst knapp und durchaus umstritten (siehe Saisonüberblick 1982) vor Rondeau errungen wurde. Und natürlich waren auch die Endurance-Weltmeister Porsche-Piloten: Jacky Ickx (1982 und 1983), Stefan Bellof (1984), Hans-Joachim Stuck/Derek Bell (1985). Die zweite Saisonhälfte 1985 wurde allerdings von den beiden tödlichen Unfällen von Manfred Winkelhock und Stefan Bellof mit ihren Porsche 956 von Kremer bzw. Brun überschattet.
1986 wurden die Karten neu gemischt: Lancia verabschiedete sich von der Gruppe C, dafür war der Jaguar XJR6 dem Porsche 962 nun ebenbürtig, und die WM war spannend wie selten zuvor, mit dem Schweizer Brun Porsche Team als Überraschungsweltmeister. Der Fahrer-Titel ging in dem Jahr an den Porsche-Werksfahrer Derek Bell, durch eine unsinnige Regel wurde der Titel Hans-Joachim Stuck trotz Punktgleichstand verwehrt. Die Saison 1987 und die erste Hälfte 1988 gehörten dann eindeutig dem Jaguar von Tom Walkinshaw Racing (TWR), aber im weiteren Verlauf des Jahres 1988 wurde der 1986 erstmals eingesetzte Sauber Mercedes zum erfolgreichsten Gruppe C-Fahrzeug. Damit waren die Zeichen für 1989/90 gesetzt, als die Sauber Mercedes im traditionellen Silber antraten. TWR Jaguar holte die Team-WM-Titel 1987 und 1988, die Fahrer-WM gewannen Raul Boesel (1987) und Martin Brundle (1988).
Aus heutiger Sicht gehört die Zeit der Gruppe C zu den Erfolgsgeschichten der Langstreckenszene. Die Besucherzahlen erholten sich gegenüber den kritischen Jahren 1974-1981, als die Endurance-Welt nur noch ein Schattendasein fristete. Vor allem die Zeit 1985 bis 1988, die den ersten Jahren der Gruppe C mit der erdrückenden Dominanz der Porsche 956 folgte, bleibt durch ihre spannenden Rennen und die Konfrontation mehrerer Werksteams (Porsche, Lancia, Jaguar, Sauber Mercedes) und professioneller Porsche-Privatteams (Joest, Kremer, GTI, Brun usw.) sowie durch den Eintritt der Japaner (Nissan, Toyota, Mazda) in die Endurance-Szene in Erinnerung. Allerdings erreichte die Sportwagen-Welt auch da nicht mehr, wie etwa in den 1950er Jahren oder in der Periode 1964-1971, die Popularität der Formel 1. Mit Ausnahme von Le Mans blieben die Zuschauerzahlen und die Medienpräsenz deutlich hinter den Daten der Grand Prix-Szene zurück, Le Mans blieb jedenfalls mit Abstand das Königsrennen jeder Saison.
Parallel zur Gruppe C-Meisterschaft, die überwiegend in Europa stattfand, blühte auch die amerikanische Sportwagen-Szene im Rahmen der IMSA-Serie auf, denn trotz der Reglement-Unterschiede zwischen IMSA-GTP und Gruppe C wurden einige Rennfahrzeuge – mit entsprechenden Modifikationen – auf beiden Seiten des Ozeans eingesetzt, darunter Porsche, March, Lola oder Jaguar. Anfangs waren es noch die privat eingesetzten Porsche 935, die vor allem bei den US-Langstreckenklassikern gewannen, dann folgten der von verschiedenen Motoren angetriebene March-GTP und der Porsche 962 IMSA, der 1984 sein Debut feierte. Jaguar und später Nissan kamen als neue Konkurrenten hinzu. Die IMSA-Titel, erzielt bei Langstrecken- und kürzeren Rennen, gingen an folgende Piloten:
1982 John Paul Jr. (USA), Porsche 935 K3 und Lola Chevrolet T600 / 1983 Al Holbert (USA), March 83G (mit Chevrolet- oder Porsche-Motor) / 1984 Randy Lanier (USA), March Chevrolet 83G / 1985 Al Holbert (USA), Porsche 962 (Holbert Team) / 1986 Al Holbert (USA), Porsche 962 (Holbert Team) / 1987 Chip Robinson (USA), Porsche 962 (Holbert Team) / 1988 Geoff Brabham (Aus), Nissan GTP ZX-T
Die jährlichen Ergebnis-Überblicke konzentrieren sich hier auf der Minerva-Webseite nur auf die echten Endurance-Rennen der Gruppe C-WM sowie die IMSA-Klassiker Daytona und Sebring. Auf dieser Basis wurde die für alle Minerva-Berichte zur Sportwagen-Historie einheitliche Punktwertung angewendet (siehe unten: Ergebnistabellen der einzelnen Jahre).
Die „Minerva“-Marken- und Teamwertungen gingen an folgende Werke und Teams (Teamwertungen in Klammern): 1982 Porsche (Porsche Werk) / 1983 Porsche (Porsche Werk) / 1984 Porsche (Porsche Werk) / 1985 Porsche (Porsche Werk) / 1986 Porsche (Brun Porsche) / 1987 Porsche (TWR Jaguar) / 1988 Jaguar (TWR Jaguar).
Die „Minerva“-Fahrerwertung ging an folgende Piloten: 1982 Jacky Ickx (Belgien) / 1983 Derek Bell (GB) / 1984 Stefan Bellof (Deutschl.) / 1985 Derek Bell (GB) / 1986 Derek Bell (GB) / 1987 Raul Boesel (Brasilien) / 1988 Martin Brundle (GB).
Derek Bell profitierte dabei von seinen Erfolgen in Daytona und Sebring. Er holte über den Zeitraum 1982 bis 1988 auch die meisten Siege bei den hier berücksichtigten Endurance-Rennen, nämlich 17, gefolgt von Jochen Mass (14), Jacky Ickx (12), Raul Boesel (11), Eddie Cheever (10), H.-J. Stuck und Bob Wollek (je 8).
Die Jahresübersichten, die hier aufgerufen werden können, zeigen eine Ergebnistabelle (Plätze 1 bis 3) und geben das Saisonergebnis anhand der eigenen Minerva-Wertung an, die nur die Endurance-Rennen umfasst.
Modellfotos: Fotos von 1:43-Modellen der Jahre 1982-1988 aus der „Minerva“-Sammlung (Stand 2019)
Modellfotos, Saison 1982
Modellfotos, Saison 1983
Modellfotos, Saison 1984
Modellfotos, Saison 1985
Modellfotos, Saison 1986
Modellfotos, Saison 1987
Modellfotos, Saison 1988
Modelle im Maßstab 1:43 (Stand Ende 2019)
Zum Modellangebot in 1:43 kann unten eine Datei mit sieben Tabellen für die Jahre 1982 bis 1988 aufgerufen werden. Für jedes Jahr werden dort wichtige Fahrzeuge der Saison ausgewählt und die Modellhersteller genannt, unterteilt in Bausätze bzw. Kleinserien-Fertigmodelle sowie Diecasts bzw. Resincast-Modelle. Wie bei der vorangegangenen Periode 1976-1981 gibt es auch hier ein dichtes Modellangebot, angefangen mit frühen Diecasts (z.B. Vitesse, Onyx oder Quartzo) und Bausätzen (z.B. Grand Prix Models, Tenariv, Record oder Mini Racing) aus den 1980er Jahren und den Marktführern der 1990er Jahre (Starter, Provence Moulage) bis hin zu den modernen Diecast- und Resincast-Modellen (Minichamps, Spark, Bizarre). Die Auswahl ist groß und Lücken sind praktisch nicht vorhanden. Allerdings ist das Modellangebot bei den wichtigsten Fahrzeugen der Gruppe C2 (bzw. C-Junior) der Jahre 1983 bis 1986 noch sehr dünn (Stand 2019).
Bei vielen Fahrzeugen muss man zwischen den Le Mans-Versionen mit „low downforce“-Karosserie und den auf den anderen Kursen verwendeten „high downforce“-Karosserien unterscheiden. Traditionell war das Modellangebot bei den Le Mans-Versionen am größten, aber Minichamps und Spark haben mittlerweile auch zunehmend die „Sprint-Versionen“ sowie die IMSA-Autos ins Angebot genommen. Gleichwohl gab es meines Wissens bis 2019 z. B. noch kein Resincast-Modell des Jaguar XJR6 von 1985 oder des Werks-Porsche 962C von 1985. Bei den älteren Le Mans-Porsche 956/962-Modellen der Vitesse-Gruppe (Quartzo) ist zu beachten, dass die 962-Versionen fälschlicherweise mit der Karosserie des 956 produziert wurden. Die neueren Resincast-Modelle von Spark haben diesen Fehler erfreulicherweise nicht übernommen.
Übersicht: Modelle 1982 bis 1988 in 1:43 (Stand 2019)
Anmerkung: Das „Minerva-Team“ besuchte das Rennen in Le Mans u.a. in den Jahren 1982, 1984, 1986 und 1988. Ausführliche Berichte zu diesen Fahrten mit vielen Fotos vom Rennen und von Modellen einiger teilnehmender Fahrzeuge sind auf dieser Webseite unter der Rubrik „Das Minerva-Team in Le Mans“ eingestellt.
Quellen:
Siehe Rubrik „Über diese Seite“ → „Anmerkungen zu Minerva Endurance“
Neben Internet-Seiten und alten Printjournal-Berichten wurden die folgenden Bücher besonders genutzt: Paul Parker, Sportscar Racing in Camera 1980-1989, Behemoth Publishing, 2018; Offizielle ACO Jahrbücher „Le Mans“ (Teissedre, Moity), 1982-1988; Quentin Spurring, Le Mans The Official History of the World´s Greatest Motor Race, 1980-89, Evro Publ., Sherborne, 2012
Für die Ergebnislisten wurden insbesondere die Webseiten „racingsportscars“ und „wsrp.cz“ sowie „classicscars“ (database races results) herangezogen.
Wichtige Quellen zu den Modell-Übersichten sind auf der Seite „Anmerkungen zu Minerva Endurance“ aufgeführt.