Le Mans – Tipps für Besucher

„Le Mans is life, anything before or after is just waiting“ (Michael Delaney, Le Mans 1970)

Le Mans 2010: 30 Minuten nach Zielankunft

Tipps für Le Mans-Besucher, Stand 2012

Anmerkung (2023): Dieser Bericht basiert auf den Erfahrungen des Minerva-Teams bei mehreren Le Mans-Besuchen in den Jahren bis 2010. Seitdem haben sich sicher viele Bedingungen und Fakten für Besucher des Rennens verändert. Insofern ist der folgende Text heute, über zehn Jahre danach, nur noch in Teilen relvant. Er blieb – quasi als Erinnerung an die Jahre 2000-2010 – dennoch als Beitrag auf dieser Webseite erhalten.

Der Bericht ist weniger für die „Le Mans-Profis“ gedacht, die als „alte Hasen“ alle Tipps, Tricks, Probleme und Highlights rund um den Besuch des Endurance-Klassikers bereits kennen. Wer aber das erste Mal einen Besuch der 24 Stunden ins Auge fasst oder bislang vielleicht nur zu einer Kurzvisite des Rennens am Samstag und Sonntag in Le Mans war, der kann vom Erfahrungsschatz regelmäßiger Besucher, so subjektiv dieser auch immer sein mag, profitieren und sollte auch bereits im Vorfeld eines geplanten Besuchs entsprechende Informationen nicht ausschlagen. Der Bericht stammt aus dem Jahr 2012, basierend auf persönlichen Erfahrungen der Le Mans-Besuche des Minerva-Teams bis 2010.

Natürlich gibt es auch im Internet interessante, sehr ausführliche und hilfreiche Informationsseiten, die ich hier gern weiter empfehle. Der folgende Text kann sich daher auf Tipps beschränken, die ich nach meinen Besuchen (siehe meine Berichte unter „Das Minerva Team in Le Mans“) als besonders hilfreich einstufe. Ich bleibe daher deutlich unter dem Umfang der umfassenden Besucher-Fibel von „Club Arnage“, die man dort (in Englisch) unter dem Titel „Le Mans (not just) for Dummies“ herunterladen kann. Sie umfasste 2012 nicht weniger als 150 Seiten und enthält alles Wissenswerte über das Rennen, seine Historie, das Reglement, die Fahrzeugklassen und Tipps für Besucher:

(a) Rund um das Rennen: Teilnehmende Fahrzeuge  /  Rahmenprogramm  /  Interviews  /  Zeitplan über die Woche  /  Streckenposten und Flaggen,

(b) Infos für die Besucher: Welche Tickets gibt es und wie kommt man an die Tickets  /   Ist dafür eine ACO-Mitgliedschaft sinnvoll?  /  Was nimmt man mit und was lässt man zuhause?  /  Wie erreicht man Le Mans?  /  Welches sind die besten Standorte rund um den Kurs, welches die besten Tribünen?  /  Lohnt sich ein Tribünenplatz überhaupt?  /  Wie sind sie Bedingungen auf den einzelnen Camping-Arealen? (sehr ausführlich!)  /  Zeitplan und Anmerkungen zu den Ereignissen über die Woche: Technische Abnahme, Training, Pitwalk, Fahrerparade, „Mad Friday“  / Radio Le Mans  /  Transport zwischen Rennstrecke und Le Mans (Tram)  /  Einkaufsmöglichkeiten  /  Bars und Restaurants  /  ACO Village  /  Kirmes, Karting, Konzerte  /  Die Franzosen  /  Auf Frankreichs Straßen  /  Sicherheitsfragen (Diebstahl)  /  Wie kommt man Sonntag schnell wieder weg?  /  Infos für Besucher mit körperlichen Behinderungen  /  Für die Leute daheim: Medien-Berichterstattung  / umfangreiche Liste von Webseiten.

Eine ähnliche, etwas kompaktere Sammlung von Besucher-Tipps in deutscher Sprache findet sich übrigens auf der Internet-Seite „lemanszone“. Beide Seiten werden laufend aktualisiert. Weitere Le Mans-Tipps finden sich im Forum der Internetseite „GT-Eins“.

Wer sich für das Rennen in Le Mans auch im Zusammenhang mit der eigenen Modellsammlung interessiert, wird auf dem Gelände, sei es im Village oder hinter den Tribünen an Start und Ziel, eine große Zahl von Händlern finden, die das übliche Sortiment anbieten (z.T. auch mit Preisnachlässen). Es gibt darüber hinaus aber auch Exoten-Händler mit seltenen oder obsoleten Kleinserien-Modellen und gebauten Bausätzen und natürlich jede Menge Buchhändler mit einschlägigem Sortiment, auch mit Antiquariat. Ein entsprechendes Budget und Zeit zum Stöbern sollte man sich dafür also reservieren, nicht immer ist der Rennverlauf ja so spannend wie 2011.

Nun zu den Tipps – ich habe sie nach fünf Themen geordnet und gehe davon aus, dass man mit dem Wohnmobil oder dem PKW+Zelt anreist und über die Tage auf einem der Camping-Areale rund um den Rennkurs unterkommt.

1. Kurzbesuch, eine ganze Rennwoche oder Le Mans plus Urlaub?

2. Welche Tickets kauft man und wie bestellt man sie?

3. Was nimmt man mit?

4. Was macht man in der Rennwoche abseits von Training und Rennen?

5. Training und Rennen: Wo sind attraktive Standorte?                                                           (Und wie hält man das Ganze durch?)

Zu 1.: Kurzbesuch, eine ganze Rennwoche oder Le Mans plus Urlaub?

Vor dem Hintergrund des umfassenden Angebots von Fernsehübertragungen im TV oder über das Internet (Eurosport, Radio Le Mans) mag man sich fragen, ob ein Besuch des Rennens überhaupt noch der Mühe wert ist. Tatsächlich ist man bei der Rundum-Versorgung der genannten Medien zuhause wohl besser informiert als vor Ort, wo man es nie schaffen wird, das Renngeschehen lückenlos zu verfolgen – aber dafür fährt man wohl auch nicht nach Le Mans. Vielmehr hat das Life-Erlebnis eine ganz andere Qualität. Ein paar Mal im Leben sollte man die Berieselung im heimischen Sessel durch das Original ersetzen – es ist wie beim Life-Konzert oder bei anderen Sportarten wie z.B. beim alpinen Abfahrtslauf. Das Fernsehen oder das Internet können vieles, aber sie können das unmittelbare persönliche Life-Erlebnis nicht wiedergeben: Den Rennspeed, insbesondere in den schnellen Kurven, die Akustik der meisten (nicht aller) Fahrzeuge und den viel zitierten „Zauber von Le Mans“ in den blauen Stunden – so zwischen 22 Uhr und 2 Uhr nachts.

Wenn man sich schon für einen Besuch entscheidet (und genug Zeit und Geld mitbringt), dann am besten gleich für eine ganze Woche, zumal, wenn der Anfahrtsweg lang ist. Das Programm beginnt eine Woche vor dem Start mit der technischen Abnahme im Stadtzentrum von Le Mans (2012 noch unterhalb der alten Kathedrale) und bietet an jedem Tag verschiedene Attraktionen.

Le Mans – Kathedrale

Technische Abnahme 2006

Langsam bauen sich über die Tage Vorfreude und Spannung auf, angefangen von entspannten Tagen am Montag und Dienstag bis hin zum „Mad Friday“ und zum knisternden Countdown am Samstag. Kurzbesuche, etwa von Freitag bis Sonntag, können diesen Stimmungsbogen nicht erfassen, sie sind nur eine Notlösung, ein großer Teil des Erlebnisses bliebe dabei auf der Strecke.

Und wenn man noch etwas mehr Zeit hat: Wie wäre es, nach dem Rennen nicht gleich wieder nach Hause zu fahren? Die schöne alte Stadt Chartres mit ihrer großartigen Kathedrale liegt auf dem Heimweg zwischen Le Mans und Paris und ist einen Besuch wert, Paris natürlich sowieso.

Chartres – Kathedrale

Aber auch die vielen Attraktionen rund um die Metropole und entlang der Seine sind sehenswert: Versailles, Rambouillet, Compiegne, das kleine Dorf Giverny mit seinem berühmten Monet-Garten und die herrlichen gotischen Kathedralen der Picardie in Amiens und Beauvais. Und wer Meer und Strand bevorzugt, ist in Le Mans schon kurz vor den Küsten der Normandie und der Bretagne, die im Juni noch lange nicht so überlaufen sind wie später im Hochsommer. Schließlich, wer Kultur, Schlösser, alte Städte, Weinkeller, Gourmet-Restaurants und Flusslandschaften liebt, findet nur einen  Katzensprung entfernt die berühmte Loire-Region. Also: Scheuklappen weg und das Erlebnis Le Mans in einen vielfältigen Frühsommerurlaub einbinden – das wäre mal eine Alternative zum reinen Rennbesuch, auf die sich auch Mitfahrer einlassen können, die nicht allein auf das Rennen fokussiert sind.

Zu 2.: Welche Tickets kauft man und wie bestellt man sie? (Stand 2012)

Vor der Kartenbestellung ist zu entscheiden, ob man sich die Vorteile und Leistungen des ACO über eine auf das Rennen abgestimmte Clubmitgliedschaft sichern möchte. Die Leistungen sind der ACO-Internetseite zu entnehmen, sie verändern sich von Jahr zu Jahr. So sind z.B. Preisnachlässe beim Ticketkauf sowie beim Kauf offizieller ACO-Artikel (z.B. Le Mans-Bücher oder Bekleidung) interessant, man hat Zutritt zu ACO-Bereichen, die „normalen“ Besuchern verschlossen bleiben, und man erhält Informationen zum Rennen (Daten, Fotos) aufs Handy oder auf den Laptop während der Rennwoche.

Die Bestellung der „Generalkarte“ (Enceinte General bzw. General Enclosure), die über alle Tage Zutritt in den gesamten Zuschauerbereich (außer den Tribünen am Samstag und Sonntag) gewährt, geht am einfachsten über die ACO-Homepage, dasselbe gilt für zusätzliche Tribünenkarten. Man kann die Karten dann bei Ankunft in Le Mans im „Welcome“-Pavillon abholen. Dort besteht auch die Chance noch Restkarten für bestimmte Tribünen zu ergattern.

Bei den Tickets für einen Camping-Stellplatz ist es schwieriger. Auf der Online-Verkaufsseite des ACO sind für streckennahe Plätze schon lange vor dem Renntermin keine Tickets mehr verfügbar, offenbar werden sie vom ACO an Agenturen weiterverkauft, die diese im Packet mit Eintrittskarten anbieten. Hier helfen die Informationen auf den oben genannten Internetseiten (z.B. Club Arnage) weiter. Insgesamt sind die Preise – gemessen an der Formel 1 – recht günstig. 2012 war es so: Generalkarte (69 €) plus Tribünenkarte (z.B. Tribüne „Stands“ über den Boxen, 65 €) plus z.B. ein Viertel eines Camping-Stellplatzes (Beispiel „Bleu Nord“, 35 m2 pro Fahrzeug, 60/4=15 €) ergeben zusammen 150 €, dafür sieht man fast 40 Stunden Renn- und Trainingsbetrieb (einschließlich Rahmenrennen), macht nicht einmal 4 € pro Stunde – wo gibt es das auf internationalem Niveau sonst noch?

Die Frage, ob man zusätzlich zur Generalkarte noch eine Tribünenkarte benötigt, mag jeder individuell entscheiden. Wer gut zu Fuß ist (oder ein Fahrrad dabei hat), das Renngeschehen gern an vielen verschiedenen Standorten beobachten möchte und sich vor Wind und Wetter oder der Sonnenglut eines Hochsommertags nicht fürchtet, kommt auch gut ohne Tribüne aus. Diese ist dagegen bei Regenwetter, als Schattenspender und in den „heißen Stunden“, wenn sich alle Zuschauer auf das Renngeschehen konzentrieren (so etwa Samstag 11-17 Uhr und Sonntag 13-15 Uhr), schon zu empfehlen. Diese Phase kann man bequem und ohne Stress auf einem nummerierten Sitzplatz verfolgen. Abseits dieser Stunden kann man auf der gebuchten Tribüne dann auch seinen Platz wechseln. So lassen sich z.B. die Fahrzeuge bei ihrer Fahrt durch die Boxengasse sehr gut aus der ersten Reihe der Boxentribüne („Stands“) fotografieren, und mit einem langen Hals kann man dort auch aus nächster Nähe die Boxenstopps einsehen. Reparaturarbeiten innerhalb der Boxen lassen sich allerdings nur von den Tribünen auf der Gegenseite verfolgen, sofern man hoch genug sitzt und ein Fernglas benutzt.

Welche Tribünen sind nun besonders attraktiv? Das hängt von den eigenen Präferenzen ab. Es gibt da einen „Trade-Off“: Die Tribünen entlang der Start- und Zielgerade, insbesondere über den Boxen („Stands“), erlauben wie gesagt Einblicke in die Boxenstopps und z.T. auch in die Boxen (Reparaturarbeiten), und das bunte Programm der Count Down-Stunden am Samstag ist von hier aus gut zu verfolgen. Das Renngeschehen ist entlang der Zielgeraden dagegen eher langweilig, und die Motoren sind hier besonders laut (ist das gut oder schlecht?).

Blick von der Tribüne „Stands“ auf die Bildwand und den Campingplatz „Bleu Nord“

Tribünen abseits der Zielgeraden stehen häufig an besonders interessanten Kurvenkombinationen, z.B. die Dunlop-Tribüne (am Dunlop-S) oder „La Sarthe“ (an der Ford-Schikane, mit Blick auf die Boxen- und Zielgerade). Hier steht das Renngeschehen im Vordergrund, während man die Boxenstopps und die sonstigen Attraktionen auf der Zielgeraden nicht sehen kann. Bei der Wahl der Tribüne sollte man auch auf die Standorte der Bildwände achten, die erlauben, das gesamte Renngeschehen zu verfolgen – auch dabei ist ein Fernglas sehr hilfreich. Wer die verschiedenen Tribünen auch ohne Ticket testen und vergleichen möchte, hat dazu während der Trainingssitzungen Gelegenheit, denn die Tribünenkarten gelten (2012) nur für das Rennen ab Samstag. Bei den Trainings sind sie für alle Zuschauer mit Generalkarte offen, die Plätze sind dann natürlich nicht reserviert.

Blick von der Tribüne „La Sarthe“ auf die Tribüne „Stands“ und die Zielgerade

Blick von der Tribüne „Stands“ auf die Zielgerade, ca. zwei Stunden vor dem Start

Welche Camping-Areale sind zu empfehlen? Zu dieser Frage kann man auf die sehr ausführlichen, bereits erwähnten Erfahrungsberichte von Club Arnage („Le Mans – not just – for Dummies“) zurückgreifen: Dort werden über 20 Seiten alle wichtigen Eigenschaften sämtlicher Camping-Areale rund um den Rennkurs sowie auch einiger Ausweichplätze in der Umgebung beschrieben: Lage zur Rennstrecke bzw. zur Tram-Station, Bodenbeschaffenheit (für Zeltaufbau), Baumbestand (Schatten), Sanitäranlagen, Wasseranschlüsse, Elektrizität, Imbiss-Stände, Atmosphäre, Publikum, Lärm/Ruhe, Sicherheit, An- und Abfahrt u.v.m. Sofern man einige Monate vor dem Rennen noch auswählen kann, erleichtern diese Fakten angesichts der eigenen Präferenzen die Entscheidung.

Camping in Le Mans

Unsere Erfahrung im Jahr 2010: Schon kurz nach Eröffnung des Online-Bestellmodus beim ACO waren dort fast alle Areale bereits ausverkauft, nur für das Areal „Beausejour“ konnten wir ein Stellplatz-Ticket erwerben.  Dieser Platz ist allerdings ziemlich weit, ca. 3-4 km, von Start und Ziel entfernt, da muss man möglichst mit Fahrrädern ausgerüstet sein. Bei unserer Ankunft am Montag konnten wir dann im Welcome Pavillon doch noch ein Ticket für das „Bleu Nord“-Areal erwerben, nur ca. 300 Meter von den Ford-Kurven entfernt, also sehr nahe an der Strecke bei Start und Ziel. Allerdings nahm der ACO das bereits gekaufte Beausejour-Ticket nicht mehr zurück. Bei unserer Ankunft in „Bleu Nord“ wurden wir vom Personal auf einen genau definierten, ausreichend großen Platz (35 m2) eingewiesen, was wir angesichts unserer negativen Erfahrungen früherer Jahre (eigenmächtige Platzwahl, wobei oft schon viele freie Plätze durch Absperrband blockiert waren) als angenehm empfanden.

3. Was nimmt man mit?

Auch hier kann auf die ausführlichen Check-Listen in den genannten Internet-Quellen (Club Arnage, lemanszone) verwiesen werden. Wer Erfahrung in Sachen Camping-Urlaub mit dem Wohnmobil (oder mit PKW+Zelt) mitbringt, hat natürlich einen Informationsvorsprung. Ein paar Punkte sollen dennoch genannt werden.

Die wichtigsten Ausrüstungen sind gute Laune, Toleranz und gesunder Menschenverstand. Bei Fragen zu Bekleidung und Schuhwerk muss man beachten, dass Le Mans für sehr unterschiedliche und häufig wechselnde Wetterlagen bekannt ist – mit Regentagen, kalten Nächten, aber auch sehr heißen Sommertagen ist zu rechnen. Insbesondere, wenn man eine ganze Woche dort ist, können alle Situationen auftreten: Also Sonnenschutz, Cap und Regensachen nicht vergessen.

Die Ausrüstung des Wohnmobils (WoMo) mit Lebensmitteln, Getränken und sonstigen Dingen hängt davon ab, ob man in erster Linie das Rennen sehen möchte oder eher einen netten Campingurlaub mit gelegentlichen Abstechern an die Rennstrecke bevorzugt. Getränke und Imbiss sind innerhalb des Veranstaltungsgeländes wie überall bei solchen „Events“ teuer und auf die Dauer eintönig. Der echte Le Mans-Fan nimmt das aber in Kauf, um das Geschehen so wenig wie möglich aus den Augen zu verlieren und um sich den oft weiten Weg zurück zum WoMo-Stellplatz zu ersparen. Aber es gibt auch die andere Spezies, die sich gern in geselliger Runde um die WoMos und Zelte schart und den Konsum von Grillgut und frisch gezapften Biersorten aus der Heimat für mindestens so wichtig einschätzt wie das Geschehen auf der Rennstrecke.

Daran orientiert sich dann auch die Einkaufsliste, wobei man sich natürlich in Le Mans nicht aus der abendländischen Zivilisation verabschiedet hat: Umfassend ausgestattete „Hypermarches“ befinden sich unweit des Veranstaltungsgeländes und sind per Fahrrad oder mit der neuen Stadtbahn („Tram“) gut erreichbar. Auf dem Gelände selbst gibt es allerdings keine solchen Einkaufsmöglichkeiten, dort sind selbst die einfachen morgendlichen Croissants im Vergleich zum normalen Boulangerie-Preis ziemlich teuer.

Auch bei der Ausrüstung mit technischen Geräten – Laptop, Kamera, TV, Handy usw. – gibt es keine einheitliche Patentlösung. So nützlich diese Elektronik auch ist, einschlägige Wertsachen unterliegen bei Großveranstaltungen dieser Art natürlich auch einem gewissen Diebstahlrisiko, sie müssen also immer sorgfältig verstaut oder gesichert werden, was manchmal lästig sein kann – ein besonderes Problem für Besucher mit Zelt. Entscheidend sind am Ende doch die eigenen Augen und Ohren und die Übertragung der unmittelbaren Eindrücke in unser Hirn und Gemüt. Mit Fotos, DVDs und Statistiken kann man sich zu Hause dann in aller Ruhe über die reichhaltigen Infokanäle des Internet versorgen. Ich habe mich über die Rennwoche in erster Linie dem Expertenwissen der Leute von „Radio Le Mans“ anvertraut, wobei das Radio des WoMos und ein kleines, aber leistungsfähiges (sprich lautes) Taschenradio mit Kopfhörern gute Dienste leistete.

Die Verbesserung der eigenen Mobilität durch mitgeführte Fahrräder habe ich bereits erwähnt. Fahrräder sind auf dem weitläufigen Gelände, beim Einkaufen oder bei einem Besuch der Innenstadt willkommen, insbesondere auch für Abstecher zu anderen Punkten der Rennstrecke. So ist der Bereich bei Indianapolis/Arnage eine sehr interessante Alternative zum Start- und Zielbereich. Arnage ist mit dem Fahrrad von Start/Ziel aus in ca. 20 Minuten erreichbar, während ein Fußmarsch oder die Fahrt mit dem Shuttle-Bus viel länger dauert (mit dem PKW sollte man ein solches Vorhaben ohnehin nicht angehen). Ein älterer Drahtesel – möglichst mit Fahrradkorb für mitgeführtes Gepäck – begrenzt im Übrigen die Verlustängste, das teure Edelbike sollte man besser zuhause lassen.

An drei Sachen sollte man in jedem Fall denken: (a) Ein Wasserschlauch leistet gute Dienste, sofern man beim Stellplatz einen Wasseranschluss hat – er hilft gegen Staub rund um den Stellplatz, als Notdusche und beim Nachfüllen des Wassertanks (ohne Schlauch müsste man Kanister am nächsten Waschhaus auffüllen). (b) Die Vorteile von Ferngläsern hatte ich bereits genannt, insbesondere wenn sie klein und leicht sind. (c) Praktisch ist ein Rucksack für die Siebensachen, wenn man über Stunden rund um den Rennkurs unterwegs ist. Dann kann man auch ein kleines Dreibein zum Ausruhen mitnehmen oder einen Campingsessel, wenn man es besonders kommod haben möchte.

4. Was macht man in der Rennwoche abseits von Training und Rennen?

Der Zeitplan für die Le Mans Woche sah z.B. 2011 wie folgt aus: Sonntagnachmittags und Montag ganztägig Technische Abnahme im Zentrum von Le Mans  /  Mittwoch 16-20 und 22-24 Uhr Training  /  Donnerstag 19-21 und 22-24 Uhr Training  /  Freitag 10-20 Uhr Pitwalk, 18-20 Uhr Fahrerkorso durchs Zentrum von Le Mans  /  Samstag 9-10 Uhr Warm Up, 10-15 Uhr Count Down-Programm, 15 Uhr Rennstart  /  Sonntag 15 Uhr Zielankunft.

Wer also schon zur Technischen Abnahme nach Le Mans kommt, hat über die Tage bis Freitag genug Zeit sich einzurichten, zu feiern, Leute zu treffen, in den Pavillons des „Village“ zu stöbern (Modellauto- und Buchläden!) und das Gelände auch mal zu verlassen. Es ist immer wieder erstaunlich, dass man in der Stadt, jedenfalls abseits der Fahrerparade am Freitag, nur einen kleinen Teil der über 100 Tsd. auswärtigen Besucher trifft. Und im sehenswerten „Quartier Medieval“ rund um die Kathedrale sind es nochmals deutlich weniger Leute, obwohl man dort in den Bars und Restaurants, etwa auf dem Place Saint Pierre, ein wenig an der französischen Lebensart teilhaben kann, z.B. in Gestalt eines typisch französischen Dejeuner oder Diner zu durchaus akzeptablen Preisen – eine rechtzeitige Tischreservierung ist allerdings schon nötig.

Le Mans – Altstadt

Die Stadtbahn („Tram“) startet direkt am Rand des Geländes beim Camping-Areal „Houx Annexe“ und bringt uns schnell und bequem in die Innenstadt – eine nette Abwechslung für den Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag, man muss nur rechtzeitig wieder zum Training zurück sein.

Die neue Stadtbahn – der Rasen ist echt!

In der City konnte man vor einigen Jahren noch den legendären kleinen Laden „Manou“ (Passage du Commerce) besuchen. Jaques Simonet, der noch vor John Day in den 1970er Jahren eigene 1:43-Bausätze für Modellsammler unter dem Label „Manou Le Mans“ entwickelt und verkauft hat, war hier bis 2014 noch persönlich für die Kunden da. Sein Sortiment war überschaubar, aber durchsetzt von Raritäten und uralten Bausätzen (John Day usw.) – für Modellsammler war ein Besuch seines Ladens Pflicht! Leider ist Jaques nun im (verdienten) Ruhestand.

Manou Le Mans: Maserati T 151 Le Mans 1963

Natürlich kann man auch am Freitag zur Fahrerparade in die Stadt fahren, dann ist es aber mit der Ruhe in Le Mans vorbei, die ganze Stadt ist auf den Beinen. Die „Parade des Pilotes“ ist ein Volksfest für alle!

Fahrerparade

Am Freitag ist das Gelände rund um den Rennkurs voll besetzt, die Luft vibriert, es ist „Mad Friday“, mit allem, was sich Briten und Dänen so einfallen lassen. Die Boxengasse ist über den Tag geöffnet („Pitwalk“), allerdings auch brechend voll. Es ist dann schwierig, in die erste Reihe bis zum Absperrband vorzudringen, um die Fahrzeuge, teilweise entblättert, zu sehen und letzte Vorbereitungen zu verfolgen. Wer bereits früh in der Woche vor Ort ist, sollte seinen persönlichen „Pitwalk“ schon am Montag, Dienstag oder Mittwoch planen. Die Ordnungskräfte werden jedenfalls umso rigoroser, je näher das Renn-Wochenende rückt.

Pitwalk 2010

Pitwalk 2010

Pitwalk 1998

Und daran denken: Die Tickets müssen immer dabei sein, sobald man das Zuschauergelände betreten oder verlassen möchte, am besten sind sie in einer Hülle um den Hals aufgehoben.

Immerhin wechselt man häufig zwischen Camping- oder Parkplatz, allgemeinem Zuschauerbereich und Tribünen, das kann schon beim Gang vom WoMo zu den Duschanlagen passieren.

Am Samstagvormittag sollte man den Count Down bis zum Start um 15 Uhr nicht verpassen, am besten im Bereich der Boxengerade. Es beginnt morgens mit dem Warm Up der Teilnehmer, gefolgt von einem bunten, vielfältigen und jährlich wechselnden Programm. Es ist immer wieder beeindruckend, wie es die Franzosen verstehen, die Spannung bis zum Start aufzubauen, den Mythos Le Mans zu pflegen und Gänsehäute zu erzeugen.

5. Training und Rennen: Wo sind attraktive Standorte?

Ungeachtet aller Attraktionen über die gesamte Le Mans-Woche – Training und Rennen der LMPs und GTs sind natürlich der Kern der gesamten Veranstaltung. Insgesamt kann sich der Besucher auf 34 Stunden des feinsten Motorsports freuen, darunter 10 Stunden Training am Mittwoch und Donnerstag – viel Zeit, um sich das Spektakel an verschiedenen Stellen der Rennstrecke in aller Gründlichkeit anzusehen.

Es wurde bereits erwähnt, dass bei den Trainingssitzungen alle Tribünen frei zugänglich sind – das sollte man nutzen (das ist hoffentlich auch heute noch so). Die Tribüne „La Sarthe“ (bei den Ford-Schikanen) und „Dunlop“ (am Dunlop-S) zeigen besonders interessante, enge Kurvenpassagen mit viel Action, die Tribünen entlang der Boxengerade liefern Einblicke in die Trainingsarbeit der Teams. Das vielfältige Programm am Samstag bis zum Rennstart verfolgt man am besten mit Blick auf die Boxengerade, hier ist am meisten zu sehen.

Und wenn sich nach ca. 2-3 Rennstunden die Anfangshektik gelegt hat und schon nicht mehr alle Besucher dem Renngeschehen folgen, kann man sich auf die Socken machen und verschiedene Segmente des Kurses ansteuern. Wer sich dabei nicht einfach nur planlos treiben lassen möchte, hat sich in den Tagen zuvor schon schlau gemacht, wo man die Strecke über- oder unterqueren kann, wo die Bildwände stehen und an welchen Streckenabschnitten man zusehen will. Zwar ist nur etwa ein Drittel der über 13 Kilometer langen Runde Zuschauerbereich, aber auch das setzt einige Fußmärsche oder Fahrradtouren voraus: Vom Boxenbereich über die Dunlop-Passage zu den „Esses“ und bis nach „Tertre Rouge“, oder in die andere Richtung von den Ford-Schikanen weiter bis zu den Porsche-Kurven, oder schließlich ein Abstecher ans andere Ende des Kurses zur Indianapolis/Arnage-Passage oder zur Mulsanne-Kurve.

Dabei gibt es zwei unterschiedliche Ansätze: Der Eine möchte es mit Ruhe und Gemütlichkeit angehen, er beschränkt sich über die Stunden auf maximal zwei bis drei Standorte, hat den bequemen Campingsessel und sein Bier dabei und verfolgt das Rennen ohne Stress. Der Andere ist neugierig auf die verschiedenen Passagen, die nach und nach abgeklappert werden. Ich habe meist einen Mittelweg zwischen diesen beiden Extremen gewählt, es dabei aber trotz der Länge des Rennens nie geschafft, in einem Jahr alle genannten Bereiche anzusteuern. Das ist vielleicht auch nicht zu empfehlen, denn Le Mans bietet ja gerade die Chance, sich einzelne Streckenabschnitte vorzunehmen und dort in aller Gelassenheit und ohne Zeitdruck das Renngeschehen zu verfolgen.

Auf jeden Fall empfehle ich für die „blauen Stunden“ in Le Mans, so von 22 Uhr bis gegen 1 oder 2 Uhr nachts, sich die Strecke vom Dunlop-S über die Esses bis Tertre Rouge vorzunehmen und an verschiedenen Punkten länger zu verweilen. Hier gibt es – neben der Porsche-Passage – Abschnitte, wo man vom Speed der Fahrzeuge umgehauen wird, insbesondere bei Dunkelheit, wenn alles noch schneller aussieht als am Tag. Glühende Bremsscheiben oder Turbolader und feuerspeiende Auspuffrohre sind heute zwar nicht mehr so häufig zu sehen wie in den 1980er/1990er Jahren, und die Diesel- oder Hybrid-Fraktion bewegt sich relativ lautlos zwischen den Benzinern, aber die souveräne Straßenlage, die sichtbare Effizienz eines Audi oder Porsche ist auf ihre Art ebenso beeindruckend wie der Sound eines voll beschleunigenden Ferrari GT oder der Corvette. Mein besonderer Tipp ist der Zuschauerbereich am äußeren Rand der Tertre Rouge-Kurve: Wenn die Fahrzeuge mit möglichst viel Schwung auf die Hunaudieres-Gerade einbiegen, ist Straßenlage gefordert, und hier kann man die Unterschiede am besten sehen.

Ein schöner Abschluss der Abend- und Nachtstunden ist eine Fahrt mit dem Riesenrad. Dort ist der Andrang nach Mitternacht nicht mehr so groß, und man hat von oben einen herrlichen Blick auf den Ausgang der Porsche-Kurven, die Ford-Schikane und die Boxengerade. Und wenn man ein Fahrrad dabei hat, sollte man sich irgendwann einmal auf den Weg nach Indianapolis/Arnage machen. Dort ist Le Mans völlig anders – ähnlich wie der alte Nürburgring oder die Naturpassagen in Spa, man ist mitten im Grünen. Und bei der Anfahrt nach Arnage ist man den Fahrzeugen so nah wie kaum noch an anderen Stellen in Le Mans oder an Formel 1-Strecken.

Und am Sonntag, 15 Uhr, wartet als letztes Highlight das Podium mit der Siegerehrung. Früher abhauen gilt nicht – der wahre Le Mans-Besucher bleibt bis zum Ende und genießt die tolle Atmosphäre rund um diese Prozedur, die man so sonst nur noch in Monza erlebt (sofern Ferrari gewonnen hat). Am besten zu sehen von den Tribünenplätzen am Anfang der Boxengeraden oder – noch besser – nach Öffnung der Schleusen direkt vor der Stahlbrücke, auf der das Podium aufgebaut ist. Bis 2014 war dann meist auch Tom Kristensen dabei – seine Interviews und Grüße an die dänischen Fans waren immer etwas Besonderes, mit Humor und Emotion – Salbei für die Seele!

Podium 2010

Die Frage, wie man über die heiße Phase der Rennwoche, von Freitag bis Sonntag, selbst über die Runden kommt, stellt sich für den wahren Endurance-Enthusiasten nicht, sofern ein paar Grundregeln beachtet werden: Ausreichend trinken, vor der Sonne schützen, zum Abend warme Sachen dabei haben, Pausen einlegen und auch in den beiden „tollen Nächten“ für ein wenig Schlaf sorgen – das sind eigentlich triviale Hinweise, die aber immer wieder missachtet werden. Man muss sich auch nicht unbedingt am Wettrösten und -saufen vornehmlich britischer Zuschauer beteiligen – pralle Junisonne auf nacktem Oberkörper in Kombination mit hohem Alkoholpegel führen dazu, dass ein Teil der 250 Tsd. Besucher am Sonntag kaum noch zu sehen ist – schade eigentlich. Jedenfalls sollte man die eigene Konstitution über die Tage in Le Mans nicht überschätzen. Dazu trägt auch bei, den Rucksack, den man womöglich über mehrere Stunden mit sich führt, nur mit dem Nötigsten zu belasten und auch ansonsten nur wichtige Sachen mitzunehmen: Ticket, Geld, kleines Radio mit Kopfhörer, möglichst kleines Fernglas, keine allzu schwere Kamera (wenn überhaupt), eine Übersichtstabelle aller Teilnehmer, für die Abend- und Nachtstunden warme Sachen und eine Flasche Wasser o.ä. – viel mehr sollte es nicht sein.

Für alle, die jetzt Motivation für einen Besuch der Mutter aller Endurance-Rennen gespeichert haben, hier noch ein letzter Anstoß aus seriöser Quelle: Das US-Magazin „National Geographic“ stufte die 24 Stunden von Le Mans 2010, 2011 und 2012 als Sportereignis Nummer 1 ein (siehe Nachricht auf „lemans.org“) – das haben wir eigentlich schon immer gewusst…

Quellen:

Siehe Rubrik „Über diese Seite → Anmerkungen zu Minerva Endurance“

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