Le Mans 2013: Dänischer Triumph, dänische Tragödie – 15. Besuch des Rennens

Bericht vom Mai 2015

Le Mans 2013 – ein Rennen wechselnder Emotionen, überschattet vom Unfall Allan Simonsens gleich in der dritten Runde, der allen wieder ins Gedächtnis gebracht hat, dass Motorsport gefährlich ist – man hatte es fast schon vergessen, besser gesagt verdrängt. Das Minerva-Team war dieses Mal zu Dritt in Le Mans: MB war zum 7. Mal dabei, GB zum 8. Mal und der Autor dieses Berichts zum 15. Mal in den letzten 35 Jahren.

LM 2013 Programm

Le Mans 2013, Sonntag, 15.15 Uhr, der siegreiche Audi dem Weg zum Podium

Le Mans 2013, Sonntag, 15.15 Uhr, der siegreiche Audi dem Weg zum Podium

Licht und Schatten prägten dieses Mal unsere Woche an der Sarthe. Die Tage vor dem Rennen waren wie schon die Hinfahrt mit dem gemieteten Wohnmobil am Samstag/Sonntag recht entspannt. Die Fahrt über Hamburg, Osnabrück, Hengelo, Utrecht, Antwerpen, Gent, Lille, Paris und Chartres führte über fast LKW-freie Autobahnen, und sogar die Temperaturen waren recht angenehm, gemessen am ansonsten eher kühlen Frühsommer dieses Jahres, allerdings kamen als kleine Abwechslung kurze, z.T. heftige Schauer hinzu. Da wurde bereits deutlich, was bei weiterhin wechselhaftem Wetter an beiden Renntagen zu erwarten war. Immerhin hatten alle Teams Gelegenheit sich in den Trainingssitzungen auf die Bedingungen einzustellen.

Abseits des Geschehens auf der Rennstrecke  gönnten wir uns wieder einmal ein buntes „Rahmenprogramm“:

Chartres - gotische Kathedrale

Chartres – gotische Kathedrale

Ein Tag in Chartres, mit schönem „Dîner“ auf dem Platz vor der imposanten Kathedrale, an zwei Tagen mit der neuen Stadtbahn ins Zentrum nach Le Mans und seinem mittelalterlichen Quartier, wiederum mit dem Genuss französischer Esskultur in einem netten Restaurant am Place Saint Pierre, und mit dem obligatorischen Besuch bei „Manou“, dem kleinen Automodell-Laden in der Innenstadt (Passage du Commerce). Hier stand 2013 immer noch Jacques Simonet, einer der Pioniere der 1:43-Kleinserienbausätze, zusammen mit seiner Frau hinter dem Ladentisch (siehe Beitrag „Vor 40 Jahren…“). Internet? – No! Email? – No! Catalogue? – No! Auf Anfrage bekam man ein loses Din-A-4-Blatt (Kopie) des Manou-Modellangebots, das bis auf die Preise seit ca. 30 Jahren unverändert blieb und hin und wieder mit Hilfe von Tipp-Ex oder handschriftlichen Notizen leicht modifiziert wurde. Und natürlich konnte man immer noch John Day-Bausätze aus den 1970er Jahren in Originalverpackung kaufen. Nicht zuletzt aus nostalgischer Motivation konnte ich nicht umhin einen alten Manou-Bausatz aus Weißmetall (auch die Räder!) zu kaufen, den Talbot-Lago T150 von Le Mans 1938. Ein Jahr später (2014) bekam ich von Jacques die Nachricht, dass er sein Geschäft – vermutlich aus Altersgründen – nicht weiter betreiben würde. Ein Stück Zeitgeschichte weniger….

Le Mans 2013, Mittwoch: Dejeuner in der Altstadt

Le Mans 2013, Mittwoch: Dejeuner in der Altstadt

LM 2013 Manou

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Manou Le Mans: Bausatz des Talbot-Lago T150 (Le Mans 1938/39) aus dem Modellmuseum, links die umfangreiche Bauanleitung.

Talbot-Lago T150C, Le Mans 1938, hier das fertig gebaute Manou-Modell

Das Rennen am Samstag und Sonntag litt – wie schon das Training in den Tagen zuvor – unter den Wetterkapriolen, die sich am Ende der Woche noch steigerten und mit empfindlicher Kühle und z.T. starkem Wind garniert waren.

Le Mans 2013: Wetterlaunen über Camping Bleu Nord

Le Mans 2013: Wetterlaunen über Camping Bleu Nord

Le Mans 2013 - Dunlop- und Regenbogen

Le Mans 2013 – Dunlop- und Regenbogen

Viele Ausritte und heftige Abflüge – bis hin zum tragischen Unfall nach drei Runden – waren Folge der gemischten Streckenbedingungen (hier trocken – da nass, unterschiedlicher Grip auf und abseits der Ideallinie und insbesondere auf den Streckenbegrenzungen und -markierungen). Sie störten den Rhythmus des Rennens durch die vielen Safety Car-Unterbrechungen, und natürlich drang auch nach und nach die traurige Nachricht über den tödlichen Unfall auf die Tribünen und in die Gemüter der Zuschauer.

Bei aller Vorsicht angesichts des letztlich nicht abschließend geklärten Unfallgeschehens, das Allan Simonsen das Leben kostete (Wie kam es dazu? Warum waren die Folgen so verheerend?), habe ich unter der Rubrik „Standpunkt des Herausgebers“ dennoch ein paar Wochen nach dem Rennen meine Gedanken zur Sicherheit in Le Mans aufgeschrieben, die natürlich nur meine persönliche Sicht der Dinge wiedergeben.

Lässt man den traurigen Unfall einmal beiseite – das fällt schwer genug – dann bleibt ein bis zum Ende spannendes, aber aus verschiedenen Gründen auch schwieriges Rennen in der Erinnerung. In allen vier Kategorien war die Entscheidung über den Sieg über weite Strecken des Rennens offen, zumal auch die bereits genannten Umstände (Wetter, Unfälle, Safety Car-Phasen) den Rennverlauf prägten.

Gewinner waren natürlich (a) die Audi-Altmeister Tom Kristensen (unglaublicher neunter und – so wissen wir heute – letzter Gesamtsieg) und Alan McNish sowie ihr neuer Teamkollege Loïc Duval, neben Andre Lotterer sicher einer der schnellsten Audi-Piloten, dann (b) die beiden neuen Werks-Porsche GT, eingesetzt von Manthey, die ihre hart umkämpfte Klasse auf Anhieb und überzeugend gewannen, und schließlich (c) ganz allgemein die LMP2-Klasse, die in ihrer Leistungsdichte und der Zuverlässigkeit der Fahrzeuge gerade auch im Vergleich mit früheren Jahren eine beeindruckende Vorstellung bot. Sie bildete ein wichtiges Rückgrat des Feldes, das an der Spitze (LMP1) in den letzten Jahren jenseits der Duelle Audi gegen Peugeot oder Toyota leider viel an Substanz verloren hat. 2013 hofften jedenfalls alle auf die erfolgreiche Rückkehr Porsches.

Auf der Verliererseite konnte man eigentlich nicht Toyota sehen, denn die Japaner zeigten insgesamt eine beachtliche Leistung, wenn man dort auch erneut wie schon 1992, 1994 oder 1999 mit dem undankbaren 2. Platz nach Hause reisen musste. Verlierer unter den Rennteams waren vielmehr die von technischen Defekten und Unfällen geplagten Rebellion Toyota, die bisherigen GT-Platzhirsche Corvette und Ferrari, die nie ins Spitzenduell Aston Martin – Porsche eingreifen konnten, die Werks-Aston Martin GT, die entweder durch einen heftigen Unfall (Makowiecki mit der Nr. 99, ebenso rätselhaft wie beim Simonsen-Aston Martin) oder durch taktische Fehler am Ende des Rennens den Porsche-Doppelsieg nicht verhindern konnten, und schließlich der Audi Nr. 1 mit den Vorjahressiegern Lotterer, Treluyer und Fässler: Sie waren das schnellste Team, fielen aber durch einen zeitraubenden Wechsel der Lichtmaschine hoffnungslos zurück.

Le Mans 2013, Samstag 14.30 Uhr - der spätere Siegerwagen wird zur Startaufstellung geschoben

Le Mans 2013, Samstag 14.30 Uhr – der spätere Siegerwagen wird zur Startaufstellung geschoben

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Audi R18 Quattro, Siegerfahrzeug, Modell: Spark

Le Mans 2013, Dienstag, Pit Walk: Der neue Porsche 991 RSR

Le Mans 2013, Dienstag, Pit Walk: Der neue Porsche 911 RSR

3. Platz in der GTE-Pro-Klasse: Aston Martin Vantage

3. Platz in der GTE-Pro-Klasse: Aston Martin Vantage

Licht und Schatten auch bei der Organisation der Veranstaltung. Wieder schaffte man es beim ACO nicht, die schnellsten LMP1-Fahrzeuge auf die angestrebte Rundenzeit von 3:30 Minuten einzubremsen, wieder stand man der Unsitte vieler Piloten die Streckenbegrenzungen zu ignorieren offenbar machtlos gegenüber (warum eigentlich?), wieder wurden die Besucher auf der Boxentribüne, die nicht Französisch verstehen, von einem überspannten Streckensprecher genervt, erneut wie in den Jahren zuvor waren die Sanitäranlagen auf den Campingarealen viel zu knapp bemessen, mit entsprechenden Konsequenzen, wieder machten Restauration und andere „Läden“ im neuen Village einen Schritt in Richtung der gesichtslosen, austauschbaren Stände, die wir von vielen anderen Veranstaltungen kennen, allen voran die leidigen Promotion-Stände mit ihrem oft eintönigen Sortiment. Aber es gab noch Ausnahmen: Die kleinen Familienbetriebe, die ihre Stände mit viel Engagement und Freundlichkeit betreiben oder die vielfältigen kleinen Läden (Bücher, Modellautos usw.) auf der Rückseite der Tribünen der Start-und Zielgeraden. Gleichwohl: Der Charme des alten „Village“ aus den Jahren bis 1990 ist wohl endgültig verloren gegangen.

Auf der Habenseite stehen die vielen Helfer, ohne deren Einsatz und (meist) Freundlichkeit ein solches Mega-Ereignis niemals funktionieren könnte – angefangen mit den Marshalls an der Rennstecke, den Ordnern und Einweisern, dem Reinigungspersonal und, und, und: Nicht immer professionell, oft wohl nur gering bezahlt oder ehrenamtlich eingesetzt, aber mit viel Engagement bei der Aufgabe, einen nicht immer pflegeleichten Haufen multinationaler Petrolheads über die Rennwoche zu lotsen.

Und am Ende schaffte es der Veranstalter doch noch, die Siegerehrung in einem angesichts des tragischen Unfalls angemessenen Rahmen durchzuführen, nachdem ich während des Rennens eher den Eindruck hatte, man würde den Fall am liebsten unter den Teppich kehren. Besonderes Lob jedenfalls für Jacky Ickx und seine kurze Ansprache – wer sonst hätte die Autorität, Ernsthaftigkeit und menschliche Wärme aufbringen können, die richtigen Worte zu finden? Mir fällt da nur noch Tom Kristensen ein.

Beim letzten tragischen Unfall während des 24-Stunden-Rennens (1986, also vor 27 Jahren), als der Österreicher Jo Gartner mit seinem Kremer Porsche 962C auf der noch nicht von zwei Bremszonen unterbrochenen Hunaudieres-Geraden über die damals einfachen Leitplanken flog, gab es bei der abschließenden Siegerehrung keinerlei Form der Besinnung, insofern konnte man in diesem Jahr am Ende einen besseren Umgang mit dem traurigen Ereignis erleben.

Le Mans 20913, Camping Bleu Nord, Ankunft am Montag

Le Mans 2013, Camping Bleu Nord, Ankunft am Montag

Le Mans 2013 - Dienstag: Blick auf die Dunlop-Schikane

Le Mans 2013 – Dienstag: Blick auf die Dunlop-Schikane, noch ist alles ruhig.

Dienstag und Freitag: Pit Walk für alle

Dienstag und Freitag: Pit Walk für alle

Toyota TS 030 Hybrid

Toyota TS 030 Hybrid

Auf dem Weg zur Startaufstellung: Toyota TS 030

Le Mans 2013, auf dem Weg zur Startaufstellung: Toyota TS 030

Le Mans 2013, kurz vor dem Start: HPD ARX (Sieger der "privaten" LMP1)

Le Mans 2013, kurz vor dem Start: Strakka HPD ARX (Sieger der „privaten“ LMP1-Kategorie)

Le Mans 2013: Startaufstellung, Porsche 991 RSR

Le Mans 2013: Startaufstellung, Porsche 911 RSR

Le Mans 2013, Abendstimmung

Le Mans 2013, Abendstimmung

Le Mans 2013: Tribünen und Pits bei Nacht

Le Mans 2013: Tribünen und Pits bei Nacht

Le Mans 2013, Samstag 14.30 Die Teams präsentieren sich

Le Mans 2013, Samstag 14.30 Die Teams präsentieren sich

LM 2013 HH10

Le Mans 2013, Samstag 14.30 Uhr

Le Mans 2013, Samstag 14.50 Uhr

Le Mans 2013, Samstag 14.50 Uhr

Le Mans 2013, Sonntag 15 Uhr - am Ziel

Le Mans 2013, Sonntag 15 Uhr – am Ziel

Le Mans 2013 in Wort, Bild und Ton:

Nachdem das gesamte Rennen life in Eurosport übertragen wurde, kann man die englisch kommentierte Eurosport-Fassung über das Internet am PC ansehen (Stand 2015) – mit dem Vorteil, dass die meist in Englisch geführten Interviews nicht durch die (oft unzureichende) Simultanübersetzung ins Deutsche gestört werden. Wie jedes Jahr war zum Jahresende 2013 das umfangreiche Le Mans-Jahrbuch des ACO und die offizielle DVD des Rennens lieferbar, und kurz nach dem Rennen kam wie gewohnt die jährliche Sonderausgabe von Auto Modelisme („Edition Le Mans“) heraus, mit je einer Seite und ca. 6-8 Fotos von jedem teilnehmenden Fahrzeug und mit besonders interessanten Blickwinkeln für den Modellbauer (Cockpit, Heckansicht, Spoiler).

Traditionell übernahm Spark die Aufgabe, alle Fahrzeuge mit Ausnahme der Ferraris zu produzieren. Die Ferrari F458 kamen als exklusive Kleinserienmodelle von BBR und als Resincast-Modelle von Fujimi aus der Minimax-Familie auf den Markt.

Wer sich auf eine gute Handvoll typischer Le Mans-Teilnehmer des Jahres 2013 beschränken möchte, könnte sich an der folgenden Auswahl orientieren (Stand 2015):
Spark – Audi R18 Quattro (Nr. 2, Sieger)
Spark – Toyota TS 030 (Nr. 8, Zweiter)
Spark – Morgan Nissan LMP2 (Nr. 35, Sieger LMP2)
Spark – Porsche 911 RSR (Manthey-Porsche) (Nr. 92, Sieger GTE-Pro)
Spark – Aston Martin Vantage GTE (Nr. 97, 3. Platz GTE-Pro)
Spark – Porsche 997 GT3-RSR (Nr. 76, Sieger GTE-AM).

Modelle im Bild:

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Sieger 2013: Audi R18 Quattro, Modell: Spark

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Zweitplatzierter: Toyota TS030 Hybrid, Modell: Spark

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Sieger der GT-Pro-Klasse: Porsche 911 RSR, Modell: Spark

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Sieger der GT-Am-Klasse: Porsche 997 GT3 RSR, Modell: Spark

P911 RSR 3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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