Borgward 1500 RS, 1000 km Nürburgring 1958, Nr. 24, Premium Classics
Borgward 1500 RS 1958, 1:43-Modelle von Neo und Premium Classics (PC)
Einen Überblick über die Renneinsätze von Borgward Rennsportwagen im Zeitraum 1952 bis 1958 liefert ein Bericht von 2022, der hier aufgerufen werden kann.
Die 2014 präsentierten Resincast-Modelle von Neo und PC sollen nach den Angaben der beiden Hersteller vier Versionen der Rennsaison 1958 darstellen. Allerdings sind drei dieser vier Angaben falsch – man hat bei Neo und PC also offenbar unzureichend recherchiert! Angesichts des Preisniveaus der Modelle und der Chance auf erstmals korrekte und ansprechende 1:43-Modelle des Borgward RS ist das in der Tat eine „verpasste Gelegenheit“. Im Einzelnen:
(1) Neo-Modell, Startnummer 2 (mit Rucksack), Angabe von Neo: „Avus 1958“: falsch! Auf der Avus hatten die beiden RS die Startnummern 32 und 33 (die Nr. 31 war der „Elektron-RS“ mit der abweichenden Karosserie). Ein RS mit der Startnummer 2 ist auf aktuellen Fotos zu sehen, z.B. stand er vorübergehend im „Prototyp“-Museum in Hamburg. Ich vermute, es ist der Borgward RS, der sich zeitweise (oder heute noch?) im Besitz von Ralf Jüttner befand.
(2) Neo-Modell, Startnummer 33 (mit Rucksack), Angabe von Neo: „Schauinsland 1958“: falsch! Ein RS mit Rucksack-Heckpartie und der Startnummer 33 fuhr nie am Schauinsland, vielmehr lief ein solcher RS beim Avus-Rennen 1958, pilotiert von Fritz Jüttner (5. Platz). Dann wäre auch die Rundumverglasung des Neo-Modells korrekt.
(3) PC-Modell, Startnummer 14 (ohne Rucksack), Angabe von PC: „Schauinsland 1958“: wieder falsch! Die Nr. 14 fuhr zwar dort mit Herrmann am Steuer, das war aber der Elektron-RS mit einer anderen Karosserie. Würde man beim PC-Modell die Startnummer 14 in die Nummer 15 umwandeln und die Rundumverglasung auf eine einfache Frontscheibe reduzieren, hätte man das korrekte Modell des Schauinsland-Siegers Bonnier und damit ein Modell des erfolgreichsten Renneinsatzes der 1958er Borgward RS.
(4) PC-Modell, Startnummer 35 (ohne Rucksack), Angabe von PC: „Nürburgring 1958“: fast richtig! Der Borgward RS mit der Nr. 35 fuhr im August 1958 beim Großen Preis von Rheinland-Pfalz, einem Rahmenrennen zum Großen Preis von Deutschland (Formel 1), mit Bonnier am Volant und erreichte dort Platz 2 hinter Jean Behra mit dem Porsche RSK. Der RS fuhr hier ohne Rucksack – korrekt – allerdings nicht mit der Rundumverglasung des PC-Modells, sondern mit einer „normalen“ Frontscheibe. Ob die beim PC-Modell angebrachten Kennzeichenschilder nur im Training oder auch im Rennen montiert waren, konnte ich nicht ermitteln.
Fazit: Die beiden Neo-Modelle (ohne/mit „Verschmutzung“) sind nur für die Borgward RS geeignet, die zum Saisonabschluss auf der Avus gestartet sind (Nr. 32, Mahle, 4. Platz / Nr. 33, Jüttner, 5. Platz). Nur hier hatten die RS die aerodynamische „Rucksack“-Heckpartie und die Rundumverglasung. Ob die Fahrzeuge auf der Avus am Ende des relativ kurzen Rennens allerdings derartig „verschmutzt“ waren, sei dahingestellt.
Die beiden PC-Modelle müssen verändert werden: Die „Schauinsland“-Version müsste die Startnummer 14 tragen und eine „normale“ Frontscheibe haben, dann hätte man den Schauinsland-Sieger 1958. Bei der „Nürburgring“-Version müsste ebenfalls auf eine „normale“ Frontscheibe umgerüstet werden.
Abgesehen von der Frage, welche Rennversionen die Neo- und PC-Modelle darstellen sollen, zeigen sie Licht und Schatten. Die Grundformen scheinen angesichts alter und aktueller Fotos der Originale zu stimmen, die meisten Karosseriedetails sind korrekt wiedergegeben, und die Innenraumgestaltung (Sitze, Armaturenbrett, Lenkrad) ist sehr schön. Felgen und Reifen sind korrekt dimensioniert, also nicht zu breit wie bei vielen Spark-Modellen dieser Epoche, die Felgen könnten allerdings etwas stärker ausgeformt sein.
Es gibt aber auch Kritikpunkte: Das Auspuffende müsste in der Öffnung auf der rechten Karosserieseite deutlich zu sehen sein, der Tankdeckel auf dem Heck war vermutlich mittig angeordnet (so zeigen es jedenfalls Fotos vom 1000 km Rennen auf dem Nürburgring), und die Frontscheibe ist viel zu dick (das erinnert an frühere Diecast-Modelle) und in der Mitte zu hoch. Problematisch ist auch die Lackierung in hochglänzendem Alusilber mit Blaustich. Tatsächlich waren die Borgward RS in der Saison 1958 unlackiert. Diese Optik lässt sich aber mit einer Resine-Karosserie kaum realistisch darstellen. Vermutlich ist die bläuliche Alu-Farbe der Versuch einer Annäherung, der allerdings nicht gelungen ist. Die beste Lösung wäre hier eine unlackierte Metallkarosserie gewesen, die man entsprechend dem Vorbild schmirgelt und poliert. Das wäre aber wohl nur bei einem Metallbausatz (und mit dem Know-How eines versierten Modellbauers) realisierbar.
Beim hier abgebildeten Borgward RS von Premium Classics wurden die Lackierung in alu-silber geändert und die Seitenscheiben dem Vorbild entsprechend entfernt. Da diese Webseite den Namen „Endurance“ trägt, wurde als Version des RS der einzige 1958er Auftritt der Borgward-Sportwagen bei einem internationalen Langstreckenrennen gewählt – den 1000 km auf dem Nürburgring am 1. Juni 1958. Die Alu-RS hatten hier die „normale“ Karosserie ohne Rucksack und eine normale Frontscheibe, passend zum PC-Modell „Schauinsland“.
Folgende Änderungen sind – abgesehen von der Frontscheibe und der Lackierung – nötig: Neue Startnummer (Nr. 23 oder 24) und ein blauer Querstreifen auf der vorderen Karosserie. Der Querstreifen war übrigens bei der Nr. 23 anders positioniert als bei der 24: Bei der 23 direkt über dem Frontgrill, bei der 24 etwas weiter hinten. Beide Fahrzeuge fielen früh aus, die Nr. 23 bereits in Runde 1, die Nr. 24 in Runde 9 (von 44). Einziger Sieg eines Borgward RS blieb in der letzten Rennsaison der Bremer also der Erfolg von Joakim Bonnier am Schauinsland.
Quellen
Siehe Rubrik “Über diese Seite” → “Anmerkungen zu Minerva Endurance”
Spezielle Quellen zum Thema Borgward RS sind dem oben genannten Bericht zur Historie der Borgward Rennsportwagen zu entnehmen.
Lieber HH,
das sehe ich auch so: Eine verpasste Chance! Als ich die beiden Premium-Classixxs
Borgwards #14 und #35 in Händen hielt, war ich doch sehr überrascht, entspricht
doch Wagen #14 nicht dem Vorbild. Bei den Vorankündigungen im Internet war ja
nach meiner Erinnerung das Originalfahrzeug mit Hans Hermann am Steuer des
Elektron-Wagens ( 6.Generation des Borgward RS in der Variante „kurze Haube,
ohne Rucksack“) abgebildet. Das jetzige Modell stellt hingegen eine RS der
5.Generation dar.
Außerdem ist die Rundumverglasung bei #14 und #35 nicht den Originalfahrzeugen
entsprechend.
Auf meine Nachfrage im Februar d.J. erhielt ich von premiumclassixxs die Antwort,
„….#14 ist eine Version des Basismodells #35, #14 hätte man komplett neu
entwickeln müssen. Dadurch wären aber die Kosten für beide Modelle so hoch
gewesen, dass keines von beiden zu verwirklichen gewesen wäre.“
Unter diesem Gesichtspunkt wäre mir lieber gewesen, auf das ( wie beschrieben: „falsche“) Fahrzeug #14 auf den Markt gebracht worden wäre, sondern dafür
das historisch korrekte Fahrzeug mit Startnummer 24, Fahrer Joakim Bonnier,
und das ganze dann auch noch ohne Rundumverglasung, sondern mit einfacher,
aber flacheren Windschutzscheibe!
So ist, wie Sie es richtig festgestellt haben, eine gute Chance vertan worden.
Lieber HH, herzlichen Dank dafür, daß Sie die Borgward-Renngeschichte und
die Borgward Rennsportwagen-Modelle 1:43 so ausführlich dargestellt haben.
Mit freundlichen Grüssen
EHG
Lieber HH,
zu meiner gestrigen e-mail möchte ich nachtragen, daß es sich bei dem von mir als „historisch korrekt“ bezeichneten Fahrzeug um den Borgward RS der 5. Generation handelt, mit dem Joakim Bonnier 1958 den Großen Bergpreis von Deutschland auf dem Schauinsland bei Freiburg in der Klasse bis 1500 ccm gewonnen hatte. Wie Sie es ja schon längst richtig dargestellt haben, war der Siegerwagen unter der #15 gefahren und
nicht etwa unter der #24, wie ich gestern fälschlicherweise geschrieben habe.
Nachzutragen bleibt noch, daß zur Umwandlung des heutigen PC Schauinsland-Wagens
in den Siegerwagen von Bonnier auch noch die Kfz-Kennzeichen von HB-EA 178 (in der Realität waren dies die Kennzeichen des drittplatzierten Borgward-Elektron-Wagens der 6.Generation) in HB-DY 909 ausgetauscht werden müßten.
Mit freundlichen Grüßen
EHG
Vielen lieben Dank für den informativen Post!
Sehr cooler Tipp.