1:43 Resine-Bausatz von Jade, Bonnier-Abate, Gesamtsieg
Über viele Jahre gab es zum Porsche 718/8 GTR Coupé von 1962/63 kein aktuelles Modell im Maßstab 1:43 – die Starter-Bausätze aus den 1980er Jahren sind schon lange nicht mehr im Handel, und nur mit Glück kann man über Modellbörsen oder Ebay noch ein Exemplar aus alten Bausatzbeständen erwerben.
Mittlerweile (2011) hat sich die Situation geändert, u.a. dank des kleinen Modellherstellers Jade Miniatures aus Gumieres in Frankreich. Jean Damon hat sich in den letzten Jahren mit einer interessanten Auswahl von 1:43-Bausätzen und Fertigmodellen am Markt etabliert, z.B. mit vielen Varianten der Porsche Formel 2- und Formel 1-Fahrzeuge der Jahre 1960 bis 1962, mit dem 718/8 GTR Coupé und neuerdings auch mit dem 718/8 W-RS Spyder.
2011 hat auch Spark das Thema 718/8 entdeckt und die beiden 1963er Le Mans-Fahrzeuge (Coupé und Spyder) angekündigt. Der 718/8 Spyder Le Mans 1963 (Startnummer 28 mit Barth und Linge, 8. Platz) kam 2011 auch schon in den Handel. Eine Kurzanalyse dieses Modells kann hier aufgerufen werden.
Hier berichte ich zunächst vom Jade-Bausatz des 718/8 GTR Coupé, das 1963 die Targa Florio gewann. Danach folgt eine Übersicht der früher, aktuell und demnächst lieferbaren 1:43-Modelle des 718/8 Coupé. Auf den 718/8 W-RS Spyder („Großmutter“) wird in einem gesonderten Bericht eingegangen, ebenso auf das 718/8 GTR Coupé, Targa Florio 1962.
Das Original:
Das 718/8 Coupé wurde von Porsche 1962/63 bei Rennen des internationalen Prototypen-Championats eingesetzt. Ab 1962 verfügte Porsche über den neuen Achtzylinder-Rennmotor, und zwar sowohl für den Formel 1-Wagen mit 1,5 Litern Hubraum als auch für den 718/8 Sportwagen mit 2,0 Litern. Um den gegenüber dem alten Vierzylinder-Fuhrmann-Motor größeren Achtzylinder einbauen zu können, musste der Radstand des 718 gegenüber dem RS 61 von 1961 von 2200mm auf 2335mm verlängert werden. Es entstanden zwei Fahrgestelle, die den Achtzylinder aufnehmen konnten: Der 718-047 W-RS als Spyder und der 718-046 GTR als Coupé. Tatsächlich traten bei den Rennen nie mehr als zwei Exemplare – ein Coupé und ein Spyder – auf. Das 718/8 Coupé entstand durch Umbau und Verlängerung des Radstands des 718-046 „RS 61“ Le Mans Coupé von 1961. Auf jeden Fall ist das 718/8 Coupé formal deutlich vom RS 61 Le Mans Coupé zu unterscheiden, man sollte auch bei der Namensgebung zwischen beiden unterscheiden (718/8 und RS 61).
Das 718/8 Coupé wurde bei internationalen Langstreckenrennen für Prototypen und GT fünfmal eingesetzt, jeweils zusammen mit dem 718/8 Spyder. Renndebut war die Targa Florio 1962, wo beide Fahrzeuge vom Rennstall SSS Venezia gemeldet waren. Das Coupé (Startnr. 108) war dabei entsprechend rot (matt!) lackiert, es erreichte mit dem „Local Hero“ Nino Vaccarella und Joakim Bonnier den 3. Platz, nachdem der Wagen im Rennen unter starken Bremsproblemen litt. Der Spyder (Startnr. 100) im traditionellen Silbergrau-Lack, gefahren von Dan Gurney, schied dagegen früh aus, so dass der designierte Copilot Joakim Bonnier auf diesem Fahrzeug nicht zum Einsatz kam. Es folgte der Einsatz bei den 1000 km am Nürburgring, mit dem Spyder (Nr. 111, Graham Hill–Herrmann) und dem Coupé (Nr. 110, Bonnier–Gurney), beide Fahrzeuge nun in Silber. Resultat: 3. Platz für den Spyder und Ausfall für das Coupé. 1963 konzentrierte sich Porsche nach seinem Rückzug aus der Formel 1 wieder vollständig auf die Sportwagen: Die beiden 718/8 wurden bei den drei wichtigsten Rennen des Jahres, Targa Florio, Nürburgring und Le Mans, eingesetzt:
Targa Florio 1963: Coupé (Nr. 160) – Gesamtsieg mit Bonnier-Abate; der Spyder (Nr. 156) mit Maglioli-Baghetti schied aus.
Nürburgring 1963: Coupé (Nr. 100, Graham Hill-Bonnier) und Spyder (Nr. 101, Edgar Barth-Linge) fielen beide aus.
Le Mans 1963: Das Coupé (Nr. 27) mit Bonnier-Maggs fiel aus, der Spyder (Nr. 28) mit Edgar Barth-Linge kam auf den 8. Platz.
Der Gesamtsieg bei der Targa Florio 1963 war damit der größte Erfolg der 718/8-Reihe. Er war gleichzeitig der wichtigste Sieg eines Porsche Rennsportwagens der Jahre 1961/62/63 und der letzte große Erfolg in der Aluminium-Epoche von Porsche (1953-1963), bevor mit dem 904 und dem 906 die Kunststoff-Zeit begann.
Das Modell:
Jade Miniatures bietet das 718/8 Coupé als Bausatz mit Decals für die Versionen Targa Florio 1962 und 1963 sowie Nürburgring und Le Mans 1963 an, die Version vom Nürburgring 1962 kann aber mit einem Griff in den Decal-Ersatzordner ebenfalls leicht hergestellt werden. Als Fertigmodelle sind ebenfalls die vier genannten Versionen erhältlich.
Bausatz und Fertigmodell sind nicht gerade billig: Bei Grand Prix Models kostet der Bausatz umgerechnet ca. 62 Euro und das Fertigmodell 180 Euro (Stand April 2011). Der Bausatzpreis ist damit etwa vergleichbar mit den 1:43-Bausätzen von Vroom. Allerdings erreicht der Qualitätsstandard des Jade-Modells nicht ganz das Niveau von Vroom, einige Details sollten auf jeden Fall optimiert werden. Daher empfehle ich dem kundigen Bastler eher den Kit als das Fertigmodell, da er diese Verbesserungen dann selbst noch erledigen kann.
Insgesamt entspricht der Bausatz etwa der Philosophie von Provence Moulage oder Vroom, eine gute Nachbildung mit relativ wenigen Teilen herzustellen. Die Bestandteile des Bausatzes sind: Karosserie (Resine-Guss), Bodengruppe mit Sitzen und Armaturenbrett (Resine); Scheibeneinsatz; Felgen (Resine); Reifen; Kleinteile: Lenkrad, Spiegel, Auspuff, Lampen, Schaltknüppel, Scheibenwischer, Tankdeckel. Es fehlen leider die Plexi-Scheinwerferabdeckungen vorn, diese müssen also selbst hergestellt werden, was nicht ganz einfach ist.
Die Karosserieform wird gut getroffen, der Resine-Guss enthält bereits Details wie die hinteren Grills, Lufthutzen, Haubenscharniere, Türgriffe und die Aufnahme der vorderen Zusatzscheinwerfer bzw. der Hupen (je nach Rennen), was aber kein Mangel ist, sofern der hintere Grill farblich passend gestaltet wird. Die Gussqualität ist gut, allerdings sind auf der Unterseite der Karosserie einige Löcher zu füllen.
Die Felgen sind einteilig als Resine-Guss gefertigt, offenbar ein Nachguss der zweiteiligen Starter-Felgen (Metall/Resine). Hier ist positiv zu vermerken, dass die Unterschiede der vorderen und hinteren Felgen schön herausgearbeitet sind. Allerdings ist der innere Felgendurchmesser zu groß, er muss abgeschliffen werden, damit die Reifen gut auf die Felge passen. Außerdem sind die Reifen des Bausatzes viel zu dünn, 1963 hatte man auch bei Porsche schon etwas breitere Reifen, vor allem hinten. Hier habe ich passende Reifen aus meinem Ersatzteillager gefunden.
Auch bei den Zubehörteilen kann man nachbessern: Das einfache Jade-Lenkrad habe ich durch ein schöneres mehrteiliges Lenkrad (Tron-Zubehör) ersetzt, und auch für den Scheibenwischer musste mein Kleinteile-Reservoir herangezogen werden, da beim 718/8 Coupé erstmals bei Porsche High-Speed-Scheibenwischer (Pantograph, in schwarz) eingesetzt wurden, der Bausatz liefert nur einen einfachen Scheibenwischer. Den Scheibeneinsatz sollte man für Front- und Seitenscheibe trennen, denn er lässt sich nicht in einem Stück einkleben, da seine Passform nicht ganz optimal ist. Bei der Targa Florio hatte der 718/8 vorn 2 Hupen in der Zusatzscheinwerfer-Aufnahme (in Le Mans dagegen 2 Zusatzscheinwerfer), also entsprechend schwarz gestalten.
Das im Decalsatz beigefügte Nummernschild trug der 718/8 bei der Targa Florio nur im Training und nicht im Rennen. Und schließlich hatte der 718/8 bei der Targa Florio einen normalen Außenspiegel (Typ 356) und nicht den mitgelieferten Talbot-Rennspiegel, letzterer wurde nur in Le Mans montiert – also wieder in das Kleinteile-Lager greifen! Die Montage ist angesichts der wenigen und passgenauen Teile recht einfach, wie gesagt bis auf die Scheibeneinsätze, die Abdeckungen der Frontscheinwerfer und die genannten notwendigen Korrekturen der Kleinteile.
Trotz aller Kritik: Angesichts der erfreulichen Tatsache, dass nun mit dem Jade-Bausatz endlich eine über viele Jahre bestehende Lücke im Modellangebot geschlossen wurde, ist dies eine gute Nachricht für den Porsche-Modellsammler. Auf der Wunschliste für zukünftige Porsche-Modelle aus dieser Zeit steht nun das RS 61 Coupe´ von Le Mans 1961!
Bauanleitung Jade-Bausatz Porsche 718/8 Coupé
Quellen
Siehe Rubrik „Über diese Seite“ → „Anmerkungen zu Minerva Endurance“
Weitere Quellen zum Thema 718/8: Peter Morgan, Porsche in Motorsport, The First Fifty Years, Haynes, 2000 / Brian Long, Porsche Racing Cars 1953 to 1975, Veloce Publishing, 2008 / Janos Wimpfen, Winged Sportscars & Enduring Innovation, David Bull, 2006 / Paul Parker, Sports Car Racing in Camera 1960-1969, Haynes, 2007.