Ein Bericht zum Porsche Typ 64 und insbesondere zum Resine-Bausatz von Vroom erschien bereits Mitte 2011 hier auf der Minerva-Internetseite (Link). Es ging damals um den von Otto Mathé eingesetzten Typ 64 bei der Coppa d´Oro delle Dolomiti 1950, wo der Mathé-T64 – zumindest zeitweise – ohne die ansonsten charakteristischen Radabdeckungen („Spats“) fuhr und damit noch stärker als in der üblichen Form mit „Spats“ das Design des späteren Porsche 356 vorwegnahm.
Heute streiten sich Experten darum, ob dies der „erste“ Porsche war oder doch der 356 Nr. 1 Roadster von 1948. Immerhin trug dieser T64 wohl bereits seit 1947 den „Porsche“-Schriftzug über der vorderen Kühlöffnung.
Den T64 alias VW Typ 60 K10 gab es vor vielen Jahren als 1:43-Bausatz von Vroom in der Form des „Berlin-Rom-Wagens“ für die geplante Fernfahrt im September 1939 (mit „Spats“) sowie als besagtes Mathé-Coupé von 1950 ohne die Radabdeckungen.
Seit etwa 2011 war der T64 auch als Resincast-Modell aktueller Qualität von Premium Classics erhältlich, mit „Spats“ und in alu-silber oder in schwarz. Rudi Seidel hat das Premium Classics-Modell Ende 2011 bereits auf der Internetseite „auto & modell“ vorgestellt, hier folgen einige ergänzende Bemerkungen zum Modell und zum Originalfahrzeug auf Basis neuer Informationen, die mir bei meinem ersten Bericht 2011 noch nicht vorlagen bzw. die ich dort noch nicht genutzt habe.
Die neuen Quellen betreffen verschiedene Internet-Seiten, die über Google unter dem Stichwort „Porsche Typ 64“ auftauchen (siehe „Quellen“ am Ende dieses Berichts), auf Informationen des Automuseums „Prototyp“ in Hamburg, die eine eigene „Otto Mathé-Sammlung“ präsentieren und unter deren Leitung ein T64 mit Nutzung alter T64-Teile aufgebaut wurde, sowie insbesondere aus einem sehr gut recherchierten Artikel zum T64 in der Zeitschrift „Oldtimer Markt“ von 2010. Meine Versuche, die Informationen durch gezielte schriftliche Anfragen bei Experten zu ergänzen, schlugen dagegen weitgehend fehl. Ein Vertreter der Firma „Mathé“ (Motoröl-Additive), den ich bei der Bremen Classic Motorshow 2014 traf, konnte keine meiner verbliebenen Fragen beantworten, und vom Museum „Prototyp“, vom Technischen Museum Wien oder von der Restaurationsfirma „Barbach Classic“, die den Mathé-T64 1998 instandgesetzt hat, habe ich leider keinerlei Antworten erhalten – schade!
Fasst man die mir bislang vorliegenden Informationen zusammen, ergibt sich die folgende Übersicht 1 zur Geschichte des T64, hier insbesondere des dritten gebauten T64/3, der 1949 von Porsche an Mathé verkauft wurde und der heute noch als Komplettfahrzeug existiert. Fasst man die Fakten zusammen, lässt sich die Geschichte dieses T64 in sieben Episoden gliedern:
1. Herstellung des T64/3 in schwarzer Lackierung Mitte 1940
2. 1946: Umlackierung auf alu-silber, Zulassung auf Dr. F. Porsche, Kennzeichen: K45 240.
3. 1947: Überholung des Fahrzeugs bei Battista Farina („Pininfarina“), mit kleinen Karosserieänderungen und Porsche-Schriftzug vorn. Präsentation beim Hofgarten-Rennen in Innsbruck (Juli 1948), Fahrer Ferry Porsche, zusammen mit dem 356 Nr. 1 Roadster
4. Otto Mathé sieht das Fahrzeug in Innsbruck (Juli 1948) und erwirbt es 1949 von Porsche, neues Kennzeichen: T2222. Teilnahme an verschiedenen Rennen und Fernfahrten, 1949-1951 vermutlich weiterhin in alu-silber-Lackierung. Umrüstung auf Rechtslenkung, da Mathe seinen rechten Arm nach einem Motorradunfall nicht mehr einsetzen kann. Die Rennen von Mathé mit dem T64 (1949-1952) sind hier in einer Übersicht 2 zusammengestellt worden.
5. Vermutlich ab 1952: Mathé lackiert den T64 nach Blechschaden auf graublau um, dabei gibt es kleinere Änderungen an Karosserie und Kennzeichen. Renneinsatz bis Saisonende 1952.
6. Der T64/3 bleibt im Besitz von Mathé, zunächst weiterhin in graublau. 1970er und 1980er Jahre: Mathé besucht mit dem T64 Veranstaltungen für historische Fahrzeuge. Der T64 ist nun in „gletscher-silber“ lackiert (alu-silber mit Blaustich).
7. Mathé verstirbt im Jahr 1995. Danach wird der T64 veräußert, zunächst an Thomas Gruber, später an die Schörghuber-Gruppe. Instandsetzung des Fahrzeugs 1998 bei der Firma Barbach, Lackierung weiterhin in „gletscher-silber“. Vorübergehend ausgestellt im Prototyp Museum Hamburg (2009/2010).
Die oben genannte Übersicht 1 zeigt weitere Details zum T64/3, enthält aber auch eine Reihe von Fragen, die ich bislang noch nicht beantworten kann – entsprechende Informationen sind daher höchst willkommen!
(a) War die Farbe des T64/3 in den Jahren 1946-1951 tatsächlich alu-silber? (Farbfotos aus der Zeit sind mir nicht bekannt)
(b) Vermutlich bei der Instantsetzung durch die Firma Barbach (1998) stellte sich heraus, dass sich der T64/3 wohl in der Zeit bei Mathé (1949-1995) zu einem „Patchwork“-Auto verwandelte: Karosserie des T64/3, Chassis des T64/1 und Motor des T64/2. Wann dies allerdings geschah, ist mir nicht bekannt.
(c) Wann genau hat Mathé seinen T64 erstmals umlackiert (von alu-silber auf graublau)? – Etwa in der Zeit 1951/1952.
(d) Wie wurde der T64 von Mathé in den Jahren 1953 bis ca. 1970 genutzt? Und wann wurde er erneut umlackiert (in „gletscher-silber“)? Das muss jedenfalls nach 1965 gewesen sein.
(e) In welchen Jahren fuhr Mathé den T64 bei historischen (Renn-) Veranstaltungen in der Periode 1970-1990?
(f) Wann wurde das Fahrzeug nach dem Ableben Mathés wieder auf Linkslenkung umgebaut?
(g) Wie ging es nach 2010 weiter? Nach neuen Quellen (2023) ist bekannt, dass das Mathé-Auto 2019 bei einer Auktion von Sotheby´s in Monterey angeboten wurde (wer war da der Besitzer?), zu einem Verkauf kam es aber nicht. Gab es seit 2010 noch öffentliche Auftritte dieses T64/3?
Nun zum Premium Classics-(PC)-Modell:
Während man als Modellbauer beim sehr gut gelungenen Bausatz von Vroom bei der Lackierung und Montage angesichts der vielen T64-Variationen noch selbst eigene Änderungen vornehmen kann, wäre dies beim Resincast-Fertigmodell nur schwer möglich, es soll ja eigentlich auch geeignet sein, ohne große Veränderungen auszukommen. Leider hält das auf den ersten Blick sehr schöne Modell bei näherem Hinsehen nicht sein Versprechen, denn es trifft in mehreren Details keine der oben dargestellten Varianten (1 bis 7) über die Jahre 1946 bis 2010. Die folgende Übersicht 3 zeigt dies deutlich an den Details Lackierung, Kennzeichen, Lenkung, Winker und Heckleuchten: Das PC-Modell ist alu-silber lackiert (also nicht im gletscher-silber der jüngeren Zeit), hat das Kennzeichen T2222 (vom Mathé-Fahrzeug), Linkslenkung (Mathé fuhr mit Rechtslenkung), hat keinen Winker seitlich (Status ab 1952) und runde Heckleuchten (hatte der T64 erst nach seiner Rennkarriere 1949-52). Damit erfüllt es keine der Merkmale der Epochen 1947/48 (in Porsche-Besitz), 1949-1951 (Mathé I), ab 1952 (Mathé II), 1970er/1980er Jahre (Mathé III) oder in der Zeit nach Mathé vollständig. Was also tun?
Ich habe den bequemsten Weg gewählt und (a) auf eine Neulackierung (in graublau oder in das neuere gletscher-silber) verzichtet, sowie (b) nicht von Links- auf Rechtslenkung umgebaut. Dann bietet sich die oben beschriebene Variante (3) an, also das Fahrzeug, das 1948 nach der Überarbeitung bei Battista Farina noch im Besitz von Porsche war. Es war vermutlich alu-silber und hatte noch Linkslenkung. Dann sind folgende Veränderungen des PC-Modells erforderlich:
Anderes Kennzeichen: K45 240, das lässt sich vorn relativ leicht herstellen (mit Decals oder am Computer). Hinten ist es allerdings schwieriger, da das Kennzeichen unter einer Glasscheibe angebracht war und auch leicht gekrümmt ist. Aber es ist möglich.
Andeutung der seitlichen Winker (mit Decals aus dem Decal-Fundus des Bastlers)
Runde Heckleuchten entfernen und durch selbst gebaute ovale Leuchten ersetzen. Hinzu kommt noch eine kleine runde Leuchte links unterhalb des Kennzeichens sowie ein Nationalitätenschild „A“ auf dem hinteren linken Kotflügel.
Die Mathé-Aufkleber auf den hinteren Seitenscheiben sind zu entfernen, das Fahrzeug war 1948 ja noch in Porsche-Besitz.
Ansonsten entspricht das Modell dem im allgemeinen hohen Spark-Standard, vermutlich ist es auch dort entwickelt worden. Wie bei den Porsche 356-Modellen von Spark bereits gewohnt, ist auch der T64 leider mit viel zu breiten Rädern/Felgen ausgestattet. Da sie beim T64 allerdings weitgehend unter den Spats verschwinden, ist dieser Mangel hier nicht so gravierend wie bei den 356-Modellen, er macht sich allerdings bei der Ansicht von vorn oder hinten schon bemerkbar.
Fazit: Wenn man an einem korrekten Modell des T64 von Mathé der Jahre 1949 bis 1952 interessiert ist, wären die notwendigen Änderungen am PC-Modell doch recht gravierend – zumindest müsste für die Version Mathé I (1949-1951) auf Rechtslenkung umgebaut werden (plus Blinker und ovale statt runde Heckleuchten). Der Modellbauer würde dann vielleicht doch versuchen, z.B. über Ebay noch einen Resine-Bausatz von Vroom zu erwerben. Dann kann man es auch mit Reifen und Felgen der korrekten Breite ausstatten.
Quellen
Siehe Rubrik „Über diese Seite“ → „Anmerkungen zu Minerva Endurance“
Spezielle Quellen zum Thema Porsche Typ 64, Bücher und Journals:
Gabriele Geutebrück, Johann Kofler, Sein Herz schlug für Porsche – Otto Mathé, Berenkamp 2004. / Artikel „Stromrechnung“ in Oldtimer Markt 2/2010.
Spezielle Quellen zum Porsche Typ 64 im Internet:
Kent Caven, The Porsche Inspiration – The Berlin-Rome Coupé (Internetseite: „karosseriebau-drescher“) / Mainhard Neuner, Die Sammlung Otto Mathé. Das Lebensbild eines Tiroler Erfinders („landesmuseum.at“)
Weitere Internetseiten: „TheSamba – Porsche T64“ / „Gatsbyonline“ / neu (2019): „drive-my.com/1939-porsche-type-64“